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die Pflicht her, Ordnung und Gesetz in seinen Staaten jeder
Anfechtung gegenüber aufrecht z erhalten. Er war aber nicht
nur der strenge Vertreter des Rechts, i liebevolles Herz ließ
ihn an Freude und Leid seiner Unterthanen den innigsten Au—
teil nehmen. Er fühlte sich nur dann glücklich, wenn er sein
Volk glücklich sah, und darum wetteiferte er mit seiner edeln,
hochherzigen Gemahlin, der Not zu wehren, wo sie sich zeigte,
die Thränen des Kummers und der Entbehrung zu trocknen und
dem unverschuldeten Unglück in wahrhaft rührender Weise ab—
zuhelfen. — An dem tief religiösen Sinne und an der strengen
Gewissenhaftigkeit, die Kaiser Wilhelm in Erfüllung seiner
Pflichten zeigte, kann sich jedermann, hoch und niedrig, ein
Beispiel nehnen. Seine Pflichttreue bekundet nichts besser als
die Antwort, welche er noch kurz vor seinem Hinscheiden gab;
„Ich habe nicht Zeit müde zu sein!“
Nach der gluůcklichen Beendigung des Krieges mit Frankreich
war es ihm noch eine Reihe von Jahren beschieden, sein Land
und Volk und das Deutsche Reich in Ruhe und Frieden zu
leiten. Noch in seinem hohen Greisenalter gelang es ihm, den
Grund zu legen zu einem Werke der Menschenfreundlichkeit, wie
es vor ihm kein Fürst zu unternehmen versucht hat. Er
wollte das Elend der arbeitenden Bevölkerung möglichst lindern,
wollte besonders den kranken, verunglückten und altersschwachen
Arbeitern zu Hilfe kommen. Zwei von den Gesetzen, durch
welche dieser Zweck erstrebt wird, nämlich das Krankenkassen
Gesetz und das über die rine eee hat er noch in
Wirksamkeit treten sehen; vor der Ausführung des dritten, des
Altersversorgungs-Gesetzes, ist er gestorben
Es war Kaiser Wilhelm vergönnt, sein neunzigstes Lebens—
jahr in voller Frische des Geistes und Körpers anzutreten. An
ihm ging die Verheißung in Erfüllung, daß es dem wohl gehe
und der lange lebe auf Erden, der Vater und Mutter ehrt.
Nach kurzem Krankenlager, anss ärz 1888, morgens 81 Uhr,
hauchte der edle Fürst seine schöne Seele aus Der Ort, den er
im Leben so oft aufgesucht und an dem er immer Trost und
Stärkung gefunden hat, die Ruhestätte seiner teuren Eltern, hat
auch ihn zur ewigen Ruhe aufgenommen. Möge der verklärte
Geist des großen stets schützend über seinem Volke schwe—
ben, auf daß die köstlichen Errungenschaften, die es dem erhabe—
nen Heldenkaiser zu danken hat, nicht verloren gehen!
350 Laiser Priedrieh III.
Nach dem Tode Raiser Wilhelms J. bestieg sein Sohn
unter dem Namen „EFriedrich Il.“ den Thron. LRr weilte
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