410
fern von dem Orte, wo sein geliebter Vater seine Seele
in die Hände des himmlischen Vaters aushauchte. Line
schwere Krankheit hatte ihn veranlasbst, in fremdem Lande
Linderung und, wenn möglich, Genesung zu suehen. Aber
kaum hatte er erfahren, dass sein Heldenvater das Zeitliche
gesegnet habe, da hielt ihn nichts mehr in dem fremden
Lande zuruck. „Und wenn ich unterwegs sterben mülste“,
sagte er, als man ihm von der Reise abriet, ieh kehre zu—
rückl!“ Lrotzæ seiner tödlichen Krankheit machte er sich auf,
um zu seinem Volke zu kommen und die Krone und mit ihr
die schweren Herrscherpflichten zu übernehmen. so gab
auch Kaiser Friedrich II. der Welt ein Beispiel von Hohen-
zollernscher Phüchttreue, welche die eigene Person nicht ach—
tet und nur das Wohl des Ganzen, des Volkes und des Lan—
des, im Auge hat. Das erste, was er nach Antritt der Re—
gierung that, war die Abgabe der Erklärung, dals er ein
Priedensfürst sein, dass er dem Lande die Segnungen des
EFriedens erhalten und unter seinen Landeskindern gegen-
seitige Duldung geübt und gewahrt wissen wolle „Meine
Interthanen stehen mir alle gleich nahe“, dieser Ausspruch
allein schon bekundet den edlen Fürsten. Trotz der Sehwere
seines Leidens unterzog Kaiser Priedrich sich den Herrscher-
pflichten mit dem größsten Eifer und seltener Pfchtstrenge.
Eine Zeitlang hatteé es den Anschein, als ob Gottes mäch-
tige Hand den pflichttreuen Herrscher dureb Heilung von
der tũckischen Krankheit belobhnen wolle schon Lebrte
dem Volke die Hoffnung auf Erbaltung des geliebten
Fürsten zurück. Aber diese Hoffnung war eine trügerische.
Nur eine kurze Spanne Zeit verging, und dem alten Helden-
kaiser folgte sein ebenso heldenmütiger Sobn im Tode
nach. Nur die kurze Erist von 99 Tagen war es dem
einfachen, leutseligen, an Lugenden so reichen
reer beschieden, das Zepter zu führen. Am 15. Juni
1888 chied er sanft und sehmerzlos aus diesem Leben in
ein besseres Jenseits.
In dem heimgegangenen RKaiser Priedrich betrauert das
deutsche Volk mit RBecht einen Fürsten, der schon vor
seiner Thronbesteigung in Krieg und Frieden Grobbes für
Deutschland gethan hatte. War er doch einer der hervor—
ragendsten und erfolgreichsten Führer gewesen in dem
Kriege, aus welchem Deutschland gross und geeint hervor
ging; war es ihm doch gelungen, den Süden mit dem
Norden in der Liebe zu e zu einigen und
80 das Band, das die deutschen Stamme bereits umschlolbs,