Full text: Badisches Realienbuch

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und Lanze; die Turniere hörten auf; eine neue Zeit brach an. Er war der letzte Kaiser, 
der in den ritterlichen Künsten des Mittelalters erzogen war; daher sein Beiname „der 
letzte Ritter". 
b) Die ersten Posten. In früheren Zeiten, als es noch keine Posten und Eisen¬ 
bahnen gab, war das Reisen mit unzähligen Schwierigkeiten verknüpft, und wer eine 
größere Reise antrat, nahm nicht selten vorher das h. Abendmahl und machte sein Testa¬ 
ment. Schon'jder Deutsche Ritterorden richtete im 14. Jahrhundert „Briefställe" und 
„Reitposten" ein. Reitende Boten beförderten die Briefe von einer Handelsstadt zur anderen. 
Nach Orten aber, die nicht an der Landstraße lagen, konnte man Briefe nur mit Gelegen¬ 
heit oder durch eigene Boten senden. Pakete und Personen wurden durch Lohnkutschen 
befördert. Da richtete Maximilian durch den Grafen von Thurn und Taxis 1516 die erste 
regelmäßige Postverbindung zwischen Wien und Brüssel ein. Seinem Beispiele folgten 
bald andere Reichsländer; aber erst in der Mitte des 17. Jahrhunderts fing man an, auch 
Personen durch die Post zu befördern. Doch war es lange Zeit ein gewagtes Unternehmen, 
seine gesunden Glieder den: zerbrechlichen Postwagen anzuvertrauen. 
e) Landfriede. Reichskammergericht. Auf dem Reichstage zu Worms wurde 
1495 der „ewige Landfriede" gestiftet. Niemand sollte, so hieß es in der kaiserlichen Ver¬ 
kündigung, den anderen „befehden, berauben, fangen, belagern, noch auch irgend ein Schloß, 
Dorf, Hof oder Weiler einnehmen oder mit Brand oder in anderer Weise beschädigen." Damit 
war der Fehdelust der Ritter ein Ende gemacht; denn Acht und Bann drohten demjenigen, 
der auf eigene Faust auszog, seinen Feind zu überfallen. Zur Schlichtung aller Streitig¬ 
keiten wurde das Reichskammergericht eingesetzt, das weder vom Kaiser noch sonst einem 
Landesherrn abhängig sein sollte. Alle deutschen Landstünde freuten sich dieser neuen Ein¬ 
richtung; die Schweiz aber wollte sie nicht anerkennen und riß sich 1499 ganz vom deutschen 
Reiche los. 
6) Hausmacht. Den Länderbesitz der Habsburger vermehrte Maximilian durch seine 
Vermählung mit der Erbin von Burgund und durch die Verheiratung seiner Söhne mit den 
Erbprinzessinnen von Spanien und Ungarn. 
e) Reichsheer. Reichssteuer. Uni den Einfällen der Türken und Franzosen wehren 
zu können, errichtete Maximilian ein Reichsheer, das aus Söldnern bestand. (S. 97.) 
Zur Erhaltung dieses Heeres legte Maximilian eine Reichs st euer, den sogenannten 
„gemeinen Pfennig" auf. Jeder, der über 15 Jahre alt war, mußte vou je 1000 Gulden 
seines Besitzes 1 Gulden Steuer abgeben; auch geringer Besitz wurde mit dem betreffenden 
Bruchteil der Steuer belegt. Mit der Einhebung dieser Abgabe waren die Pfarrer betraut. 
VIII. beben im Mittelalter. Cüinclungen uncl Cntcleckungen. 
i. Die Bauern, 
1. Ter Bauernstand. Die Bauern waren ursprünglich freie Leute. 
Jeder hatte einen Hof mit mehreren Hufen Land. Den Hof erbte in der Regel 
der älteste Sohn, die anderen Söhne blieben als Knechte bei ihm. In West¬ 
falen und Friesland und in den Ansiedlungsgebieten im Norden und Osten 
saßen twch im späten Mittelalter freie Bauern als wohlhabende Herren auf 
ihren stattlichen Gütern. Die meisten Bauern gerieten jedoch immer mehr in 
Abhängigkeit. Die Zinsbauern entrichteten für das erhaltene Gut eine Abgabe, 
z. B. den Wachszins an die Kirche. Im übrigen waren sie frei. Den Fron¬ 
bauern war Land zur Bewirtschaftung übergeben, wofür sie dem Grund¬ 
herrn nicht nur die Lebensmittel in die Küche lieferten, sondern auch die 
Dienste verrichteten, die in der herrschaftlichen Haushaltung vorfielen. Zu 
bestimmten Zeiten mußten die Gefälle, wie Gänse, Hühner, Schweine, Fische, 
Butter, Eier, Korn, Kessel und Töpfe, entrichtet werden. In späterer Zeit
	        
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