alle nichts," murmelte er, indem er die Augen mit der Hand beschattete und
zwischen den Nachbargehöften hindurch in die flimmernde Ferne schaute;
„es gibt gar keinen Regen mehr in der Welt/*?' Dann ging er an den
Wagen, der eben abgeladen wurde; er zupfte eine Hand voll Heu heraus,
führte es an seine breite Nase und lächelte so verschmitzt, als wenn er
aus dem kräftigen Duft noch einige Krontaler mehr herausriechen könne.
/ In demselben Augenblicke war eine etwa fünfzigjährige Frau ins
Haus getreten^/ Sie sah blaß und leidend aus, und bei dem schwarz¬
seidenen Tuche, das sie um den Hals gesteckt trug, trat der bekümmerte
Ausdruck ihres Gesichtes nur noch mehr hervor. „Guten Tag, Nachbar,"
sagte sie, indem sie dem Wiesenbauer die Hand reichte, „ist das eine Glut;
die Haare brennen einem auf dem Kopfe!" „Laß brennen, Mutter Stine,
laß brennen," erwiderte er, „seht nur das Fuder Heu an! Mir kann's
nicht zu schlimm werden!" „Ja, ja, Wiesenbauer, Ihr könnt schon lachen;
aber/was soll aus uns andern werden, wenn das so fortgeht!"
Der Bauer drückte mit dem Daumen die Asche in seinen Pfeifenkopf
und stieß ein paar mächtige Dampfwolken in die Luft^ „Seht Ihr,"
sagte er, „das kommt von der Überklugheit. Ich hab's ihm immer gesagt;
aber Euer Seliger hat's alleweg besser verstehen wollen. Warum mußte
er all sein Tiefland vertauschen! Nun sitzt Ihr da mit den hohen Feldern,
wo Eure Saat verdorrt und Euer Vieh verschmachtet." Die Frau seufzte.
Der dicke Mann wurde plötzlich herablassend. „Aber Mutter Stine,"
sagte er, „ich merke schon, Ihr seid nicht von ungefähr hierher gekommen;
schießt nur immer los, was Ihr auf dem Herzen habt!" Die Witwe
blickte zu Boden. „Ihr wißt wohl," sagte sie, „die fünfzig Taler, die
Ihr mir geliehen, ich soll sie auf Johanni zurückzahlen, und der Termin
ist vor der Tür." Der Bauer legte seine fleischige Hand auf ihre
Schulter. „Nun macht Euch keine Sorge, Frau! Ich brauche das Geld
nicht; ich bin nicht der Mann, der aus der Hand in den Mund lebt.
Ihr könnt mir Eure Grundstücke dafür zum Pfande einsetzen." Die
bekümmerte Frau atmete auf. „Es macht zwar wieder Kosten," sagte sie,
„aber ich danke Euch doch dafür."
Der Wiesenbauer hatte seine kleinen klugen Augen nicht von ihr
gelassen. „Und," fuhr er fort, „weil wir hier einmal beisammen sind,
so will ich Euch auch sagen, der Andrees, Euer Junge, geht nach meiner
Tochter!" „Du lieber Gott, Nachbar, die Kinder sind ja miteinander
aufgewachsen." — „Das mag sein, Frau; wenn aber der Bursche meint,
er könne sich hier in die volle Wirtschaft einfreien, so hat er seine Rech¬
nung ohne mich gemacht!"
Die schwache Frau richtete sich ein wenig auf und sah ihn mit fast
zürnenden Augen an. „Was habt Ihr denn an meinem Andrees aus¬
zusetzen?" fragte sie. „Ich an Eurem Andrees, Frau Stine? — Auf
der Welt gar nichts! Aber" — und er strich sich mit der Hand über
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