— 308 —
Sofort wird der fertige Stoff verpackt und nach den Papierfabriken
verschickt. Hier werden die Tafeln noch einmal aufgelöst, die Masse wird
gereinigt und zu dem Papier verarbeitet, aus dem eure Bücher und Hefte
gemacht sind.
Die Zellstoffbereitung scheint genügenden Gewinn abzuwerfen, da bereits
eine zweite Fabrik an dem entgegengesetzten Ende der Stadt gegründet worden
ist. Auch Tilsit und Memel erfreuen sich schon solcher Fabriken, die vor
dem Jahre 1895 in Ostpreußen noch gänzlich unbekannt waren.
Nun möchtet ihr wohl noch gern wissen, wie die Zigarren entstehen?
Etwa 12 Millionen von ihnen verdanken jährlich ihr Dasein auch einer Fabrik
unsrer Stadt.
Die Fabrik, welche ungefähr 400 Arbeiter fast nur weiblichen Geschlechts
beschäftigt, wurde im Jahre 1857 von dem verstorbenen Kommerzienrat
Großkopf in der Nähe des Ostbahnhofes gegründet. Sie verarbeitete früher
besonders einheimischen Tabak, dessen Anbau in unsrer Provinz aber bedeu¬
tend zurückgegangen ist. Nur bei Tilsit findet man noch weite Tabakfelder.
Die Blätter werden nach dem Verblühen der Pflanzen abgepflückt, getrocknet
und nach der Fabrik geschickt, während die Tabakstengel im Herbst unter¬
gepflügt werden. Dieser Tilsiter Tabak wird hauptsächlich zu Kautabak ver¬
arbeitet, dem sogenannten Schiemannsgarn, dessen Bezeichnung wohl mit dem
englischen seaman (spr. simen) — Schisser zusammenhängt, da Schiffer haupt¬
sächlich diesen Tabak gebrauchen. Allein diese Art des Kautabaks wird von
der Fabrik in solcher Menge hergestellt, daß der Tilsiter Tabak bei weitem
nicht ausreicht. So bezieht denn die Fabrik Tabake aus allen Teilen der
Welt. Riesige Ballen, in Holz, Tierfellen, Bastdecken und Leinwand ver¬
packt, rollen die Fuhrwerke auf den Fabrikhof. Die unversehrten Blätter
liefern die Deckblätter zu den Zigarren, die zerbrochenen werden als Einlage¬
blätter bei der Zigarrenbereitung oder zu Schnupf- und Rauchtabak
verarbeitet.
In einem riesigen Saale sitzen etwa 180 Frauen und Mädchen, eifrig
damit beschäftigt, die Blätter zu entrippen und in eine Form zu pressen, die
schon die Länge und Gestalt der Zigarre erkennen läßt. Das Herumlegen
des Deckblattes erfordert eine große Übung und wird nur den geübten
Arbeiterinnen anvertraut. Dann werden die Zigarren sortiert und verpackt.
Der Preis der einzelnen Sorten schwankt zwischen 3—30 Pfennigen für das
Stück. Die Zigarrenkisten werden gleichfalls in der Fabrik verfertigt. Es
gibt sogar eine Maschine, die selbsttätig die Brettchen zusammennagelt. Die
Fabrik unterhält 22 Verkaufsstellen in Stadt und Provinz.
vr. Nudolf Ärückmann. (Originalartikel.)