Johann Peter Hebel.
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Stabhalter seid Ihr schon, oder gar Kreisrat, das Alter hättet Ihr, so
müßt Ihr Eure Untergebenen fleißig zur Baumzucht und zur Gottselig¬
keit anhalten und ihnen selber mit einem guten Beispiel voranleuchten.
Ihr könnt Eurer Gemeinde keinen größeren Segen hinterlassen. Denn
ein Baum, wenn er gesetzt oder gezweigt wird, kostet nichts oder wenig;
wenn er aber groß ist, so ist er ein Kapital für die Kinder und trägt
dankbare Zinsen. Die Gottseligkeit aber hat die Verheißung dieses und
des zukünftigen Lebens."
„Wenn ich mir einmal so viel bei Euch erworben habe," sagt der
Adjunkt zum Hausfreund, „daß ich mir ein eigenes Gütlein kaufen und
meiner Schwiegermutter ihre Tochter heiraten kann, und der liebe Gott
beschert mir Nachwuchs, so setze ich jedem meiner Kinder ein eigenes Bäum¬
lein, und das Bäumlein muß heißen wie das Kind, Ludwig, Johannes,
Henriette, und ist sein erstes eigenes Kapital und Vermögen, und ich sehe
zu, wie sie miteinander wachsen und gedeihen und immer schöner werden
und wie nach wenig Jahren das Büblein selber auf sein Kapital klettert
und die Zinsen einzieht. Wenn mir aber der liebe Gott eines von meinen
Kindern nimmt, so bitte ich den Herrn Pfarrer oder den Dekan und be¬
grabe es unter sein Bäumlein, und wenn alsdann der Frühling wieder¬
kehrt und alle Bäume stehen wie Auferstandene von den Toten in ihrer
Verklärung da, voll Blüten und Sommervögel und Hoffnung, so lege
ich mich an das Grab und rufe leise hinab: „Stilles Kind, dein Bäum¬
lein blüht. Schlafe du indessen ruhig fort! Dein Maitag bleibt dir
nicht aus."
Er ist kein unwäger Mensch, der Adjunkt.
Der Kirschbaum (hochdeutsch übertragen). Teil II. S. 29. Sommerlied.
Teil II. S. 96. Der Schnee. Teil II. S. 97. Mitleid im Winter. Teil II.
S. 100. Kannitverstan. Teil II. S. 135. Das fremde Kind. Teil II. S. 149. Die
Lawinen. Teil II. S. 15t. Der geheilte Kranke. Teil III. S. 70. Fliegende
Fische. Teil III. S. 255. Sprichworterklärungen. Teil III. S. 35. 58. 104.
Die gute Mutter. Teil IV. S. 3. Die Mutter am Christabend. Teil IV. S. 28.
Die Schmachschrift. Teil V. S, 56.
194. Morgengesprach des Hausfreunds und seines Adjunkts.
Als einst an einem schönen Sommermorgen der Hausfreund mit dem
Adjunkt landaufwärts auf der Straße war, die Luft war so heiter und
erquicklich, und alle Augenblicke warf ein Baum dem Adjunkt einen Apfel
an den Hut, gleichsam ihn fragend, ob er auch wieder dasei; auf einmal,
unterhalb Seefelden, dehnte sich der Adjunkt kräftig aus. „Hausfreund,"
sagte er, „mir ist so wohl. Examiniert mich ein wenig über das Sprüch¬
lein: Du machest fröhlich alles, was da webet, beide des Mor¬
gens und des Abends."