Full text: Oberstufe: Zweiter Kursus (Teil 6, [Schülerband])

Johann Peter Hebel. 
373 
Stabhalter seid Ihr schon, oder gar Kreisrat, das Alter hättet Ihr, so 
müßt Ihr Eure Untergebenen fleißig zur Baumzucht und zur Gottselig¬ 
keit anhalten und ihnen selber mit einem guten Beispiel voranleuchten. 
Ihr könnt Eurer Gemeinde keinen größeren Segen hinterlassen. Denn 
ein Baum, wenn er gesetzt oder gezweigt wird, kostet nichts oder wenig; 
wenn er aber groß ist, so ist er ein Kapital für die Kinder und trägt 
dankbare Zinsen. Die Gottseligkeit aber hat die Verheißung dieses und 
des zukünftigen Lebens." 
„Wenn ich mir einmal so viel bei Euch erworben habe," sagt der 
Adjunkt zum Hausfreund, „daß ich mir ein eigenes Gütlein kaufen und 
meiner Schwiegermutter ihre Tochter heiraten kann, und der liebe Gott 
beschert mir Nachwuchs, so setze ich jedem meiner Kinder ein eigenes Bäum¬ 
lein, und das Bäumlein muß heißen wie das Kind, Ludwig, Johannes, 
Henriette, und ist sein erstes eigenes Kapital und Vermögen, und ich sehe 
zu, wie sie miteinander wachsen und gedeihen und immer schöner werden 
und wie nach wenig Jahren das Büblein selber auf sein Kapital klettert 
und die Zinsen einzieht. Wenn mir aber der liebe Gott eines von meinen 
Kindern nimmt, so bitte ich den Herrn Pfarrer oder den Dekan und be¬ 
grabe es unter sein Bäumlein, und wenn alsdann der Frühling wieder¬ 
kehrt und alle Bäume stehen wie Auferstandene von den Toten in ihrer 
Verklärung da, voll Blüten und Sommervögel und Hoffnung, so lege 
ich mich an das Grab und rufe leise hinab: „Stilles Kind, dein Bäum¬ 
lein blüht. Schlafe du indessen ruhig fort! Dein Maitag bleibt dir 
nicht aus." 
Er ist kein unwäger Mensch, der Adjunkt. 
Der Kirschbaum (hochdeutsch übertragen). Teil II. S. 29. Sommerlied. 
Teil II. S. 96. Der Schnee. Teil II. S. 97. Mitleid im Winter. Teil II. 
S. 100. Kannitverstan. Teil II. S. 135. Das fremde Kind. Teil II. S. 149. Die 
Lawinen. Teil II. S. 15t. Der geheilte Kranke. Teil III. S. 70. Fliegende 
Fische. Teil III. S. 255. Sprichworterklärungen. Teil III. S. 35. 58. 104. 
Die gute Mutter. Teil IV. S. 3. Die Mutter am Christabend. Teil IV. S. 28. 
Die Schmachschrift. Teil V. S, 56. 
194. Morgengesprach des Hausfreunds und seines Adjunkts. 
Als einst an einem schönen Sommermorgen der Hausfreund mit dem 
Adjunkt landaufwärts auf der Straße war, die Luft war so heiter und 
erquicklich, und alle Augenblicke warf ein Baum dem Adjunkt einen Apfel 
an den Hut, gleichsam ihn fragend, ob er auch wieder dasei; auf einmal, 
unterhalb Seefelden, dehnte sich der Adjunkt kräftig aus. „Hausfreund," 
sagte er, „mir ist so wohl. Examiniert mich ein wenig über das Sprüch¬ 
lein: Du machest fröhlich alles, was da webet, beide des Mor¬ 
gens und des Abends."
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.