Full text: Lesebuch für die Oberklassen evangelischer Elementarschulen in Elsaß-Lothringen

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Zu uns komme Dein Reich! 
Hierbei denk' ich an mich selbst, wie's in mir hin und her treibt, 
und bald dies, bald das regieret, und daß das alles Herzquälen ist 
und ich dabei auf keinen grünen Zweig komme. Und dam denk' ich, 
wie gut es für mich wäre, wenn doch Gott „all Fehd' ein Enden 
machen und mich selbst regieren wollte. 
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, also auch auf Erden! 
Hierbei stell' ich mir den Himmel mit den heiligen Engeln vor, 
die mit Freuden seinen Willen thun, und keine Qua rührt sie an, 
und sie wissen sich vor Liebe und Seligkeit nicht zu retten und froh— 
locken Tag und Nacht, und dann denk' ich: „Wenn es doch also auch 
auf Erden wäre!“ 
Unser täglich Brot gieb uns heute! 
Ein jeder weiß, was täglich Brot heißt, und daß man essen 
muß, solange man in der Welt ist, und daß es auch gut schmeckt. 
Daran denk' ich denn. Auch fallen mir wohl meine Kinder ein, wie 
die so gerne essen mögen und so flugs und fröhlich bei der Schüssel 
sind. Und dann bet' ich, daß der liebe Gott uns doch etwas wolle 
zu essen geben. 
Und vergieb uns unsere Schuld, wie wir vergeben unsern 
Schuldigern! 
Es thut weh, wenn man beleidigt wird, und die Rache ist dem 
Menschen süß. Das kommt mir auch so vor, und ich hätte wohl Lust 
dazu. Da tritt mir aber der Schalksknecht aus dem Evangelio unter 
die Augen, und mir entfüllt das Herz, und ich nehm's mir vor, daß 
ich meinem Mitknecht vergeben und ihm kein Wort von den hundert 
Groschen sagen will. 
Und führe uns nicht in Versuchung! 
Hier denk ich an allerhand Exempel, wo Leute unter den und 
jenen Umständen vom Guten abgewichen und gefallen sind, und daß 
es mir nicht besser gehen würde. 
Sondern erlöse uns von dem Übel! 
Mir sind hier die Versuchungen noch im Sinn, und daß der 
Mensch so leicht verführt werden und von der ebnen Bahn abkommen 
kann. Zugleich denk' ich aber auch an alle Mühe des Lebens, an 
Schwindsucht und Alter, an kalten Brand und Wahnsinn und das 
tausendfültige Elend und Herzeleid, das in der Welt ist und die armen 
Menschen martert und quält, und ist niemand, der helfen kann. Und 
du wirst finden, wenn die Thränen nicht vorher gekommen sind, hier
	        
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