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an eine unermeßliche Eis- und Schneedecke kommen, sondern es findet
auch in senkrechter Richtung gleicherweise eine Wärmeabnahme aus
der Tiefe nach der Höhe statt. Schon auf einem Kirchthurme ist
es im Sommer kühler als unten auf der Erde; noch mehr aber mer¬
ken wir die Wärmeabnahme, wenn wir auf hohe Berge steigen: hier
weht beständig, selbst an den wärmsten Tagen, eine kühle Luft. Auf
Hochgebirgen ist es aber so kalt, daß deren Scheitel mit einer Decke
ewigen Eises und Schnees bekleidet sind. Diese Gegend nennt man
die Schneeregion, und die untere Linie derselben die Schneelinie.
Unter dem Äquator ist dieselbe ungefähr 15,000 Fuß über dem Mee¬
resspiegel — in Deutschland 5 bis 8000 Fuß — unter den Polar¬
kreisen etwas über 2000 Fuß. Woher kommt diese große Verschieden¬
heit in der Höhe der Schneelinie? — Der berühmte Naturforscher
Alexander von Humboldt bestieg den Chimborasso bis auf
16,000 Fuß Höhe. Da quoll ihm Blut aus Augen, Lippen und
Zahnfieisch. Am Fuße des Berges war die Luft 22 Grad (22 O)
erwärmt, in einer Höhe von 3000 Fuß (') nur I6V20/ bei 6000'
Höhe I4Y20, bei 9000' Höhe noch 11°, bei 12,000' nur noch
8V20, bei 15,000' nur l1/^0. —
3. Die Strömungen im Meere.
Zwischen den Wendekreisen des großen Oceans, des atlan¬
tischen und des indischen Meeres fluthet in umwandelbarer
Richtung, der Achsendrehung der Erde entgegen, das Meer
gleich einem unaufhörlichen Strome von Osten nach Westen. Wie
ein Riesenfluß, dessen Ufer aber wiederum Meerwasser ist, bewegt es
sich in dem großen Ocean in schwacher leiser Strömung von der stei¬
len Westküste Chtli's und Peru's, die daher auch nirgends tiefe
Einschnitte bietet, bis sich ihm in den südindischen Inseln die
ersten Hindernisse entgegenstellen. Mit Gewalt stürzt es nun an die
östliche Küste Astens, die, in ihren reichen Busen die Spuren
seiner Kraft zeigt, durchströmt die engen und daher so gefährlichen
Straßen zwischen Neuholland und Neuguinea, zwischen Borneo,
Celebes und Java, welche Länder alle unter dem Wasser durch
Granitdämme mit einander in Verbindung stehen und einen starken
Wall für Asiens Festland bilden, braus't dann auf Ceylon und
Madagaskar zu, wo es schon manches schöne, reichbeladene Schiff
auf Klippen und Sandbänke führte. An Afrikas Küste theilt sich
der Strom. Während der eine Theil das Kap der guten Hoff¬
nung umfluthet, stürzt der andere auf das rothe Meer. Nicht
umsonst führt die Eingangsstraße zu demselben den Namen „Thränen-
pforte", nicht umsonst warnt das Kap „Hüte dich" den Schiffer,
der das rothe Meer verlassen will. Gar oft wird er drei- bis vier¬
mal in dasselbe hinein geworfen, ehe es ihm gelingt, das durch eine
Insel getheilte, hafenlose Thor der Thränen zu durchschiffen. Wäh-