Full text: Lesebuch für die Oberklassen der Volksschulen des Regierungsbezirks Oberpfalz

die Freude, beim Kaufmann schon neunhundertundfünfzig 
Mark untergebracht zu haben. 
Aber nun waren die drei Buben größer und es gab 
unter ihnen allerlei Hader. Bald hatte der eine zu wenig 
gearbeitet bald der andere zu wohlfeil verkauft bald der 
dritte irzendwo einen Schoppen Wein getrunken. 
Da Hansjörg den Zank nicht leiden wollte, sprach er: 
„de jedem von euch zweihundert Mark. Ihr taugt 
nic, zusammen. Geht in die Welt; arbeite jeder für sich! 
Das uͤbrige Geld bleibt euch bei unserem Kaufmann für den 
Fall der Not aufgehoben und der Zins soll alljährlich zum 
Kapital geschlagen werden.“ 
Da drückten die Brüder einander die Hand und sprachen 
zu Hansjörg: „Lebet wohl, Vater!“ Peter ging gegen 
Morgen, Gabriel gegen Abend, Veit gegen Mitternacht. 
Und Hansjörg erfuhr lange nichts von seinen Söhnen; 
sie schienen verschwunden zu sein und es gereute ihn, sie 
alle fortgeschickk zu haben; denn er war alt und schwach. 
Aber er rührte das Geld seiner Kinder nie an bei dem Kauf— 
mann, sondern ließ das Kapital durch die daraufgeschlagenen 
Zinsen sich mehren. 
Er ging wieder heischen von Haus zu Haus und man 
zob dem alten, lahmen Hansjörg gerne, so lange er fordern 
onnte. 
Aber endlich konnte er nicht mehr fordern; denn er war 
krank und war schon zweiundsiebzig Jahre alt. Die Leute, 
die In kannten, schickten ihm wohl von Zeit zu Zeit einige 
Lebensmittel. Doch die Gemeinde, in der er seit vierund— 
zwanzig Jahren gewohnt hatte, verstieß ihn unbarmherzig, 
weil ein Fremder war. „Er soll uns nicht zur Last 
fallen,“ sagten die Bauern; „in vierzehn Tagen muß er zum 
Dorf hinaus!“ 
„Ich waß nirgends hin,“ antwortete Hansjörg; „doch 
zur Last will ich keinem fallen. Jetzt ist die Not am höchsten“ 
Darauf schrieb er an den Kaufmann in der Stadt: 
„Sendet mir dreihundert Mark von meinem Kapital; denn 
ich bin alt und schwach und von meinen Kindern habe ich 
schon seit vierzehn Jahren nichts vernommen; sie leben nicht 
mehr, ich folge ihnen bald in die Ewigkeit.“ 
Nicht lange darauf, an einem schönen Sonntagabend, 
saß der Greis mit einigen Bauern vor dem Wirtshause unter 
der alten, blühenden Linde. Hui! kommt wie ein Wetter
	        
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