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ins Dorf gesprengt ein Bedienter zu Pferde, in roten Schar—
lach gekleidet, mit silbernen Tressen daran. Er hielt vor
dem Wirtshause still und fragte mit lauter Stimme: „Wohnt
hier im Dorfe der Herr Hans Georg Schmid?“
Die Bauern verwunderten sich und sprachen: „Ja frei—
lich, er trinkt sein Schöppli unter der alten Linde.“
Da drehte der Bediente das Roß um und ritt schnell
wieder zurück. Und die Bauern gingen alle zu Hausjörg
und erzählten, was sie gehört und gesehen hatten, und rieten
hin und her, was es bedeuten könne.
Siehe, da kamen zwei prächtige Kutschen ins Dorf und
hielten vor der Wohnung des Hansjörg still. Dann stiegen
drei junge Herren und zwei schöne Frauenzimmer in reichen
Kleidern heraus und alle fielen mit offenen Armen dem
alten Hansjörg an den Hals, der nicht wußte, wie ihm
geschah. „Vater, kennt Ihr uns nicht?“ rief der älteste,
„ich bin Euer Peter und dermalen ein Spezerei- und Ge—
würzhändler in Warschau und dieses Frauenzimmer ist meine
Frau!“
Darauf sprach der zweite Herr: „Und ich bin Euer
Gabriel und dies ist meine Frau und ich habe bisher großen
Kornhandel in Warschau getrieben.“ — Nachher sprach der
dritte: „Und ich bin Euer Veit und komme aus Ostindien,
wohin ich dreimal mit allerhand Waren reiste; ich habe aus
den Zeitungen den Aufenthalt meiner Brüder erfahren und
mir ein Landgut bei Warschau gekauft. Nun kommen
wir und wollen Euch mit uns nehmen und Euer im Alter
pflegen.“
Da weinte der arme Hansjörg Freudentränen am
Halse seiner vielgeliebten Kinder und segnete sie und ihre
Weiber.
„Ja,“ riefen die Söhne, „Ihr müßt bei uns wohnen;
denn Euch nur sind wir unser Glück schuldig. Wir haben
Euern Spruch uns oft vorgebetet, wenn's uns sauer ward:
Bettelbrot ist bittre Not;
Diebesbrot bringt Galgentod,
Aber Arbeit segnet Gott!
und dann ging's!“ Asso sprachen die frommen Söhne und
nahmen ihren hochbetagten Vater mit sich.
G. Zschokke.)