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Regen, Schnee und der scharfe Nordwind ihnen nicht schaden
können. Freilich Überfluß an Futter haben sie im Winter
jdcht. Der Schnee hat ja alles: Gärten, Felder und Wälder,
Ja sogar die Dächer der Häuser und den Kirchturm bedeckt;
Wle sollten sie da zu den Körnlein gelangen können! Doch
8le verderben darum nicht; denn gar manches mitleidige
Rind hat wohl ein Bröckcken oder einige Krümchen für
*üe armen Tierlein übrig, welche im Felde da draußen
ölchts mehr finden können und darum vertrauensvoll in ihre
Rähe kommen. Die Menschen vertauschen die leichtere
Rleidung mit einer wärmeren Winterkleidung. Nur die Laub-
bäume haben kein Kleid; denn sie haben ihr prächtiges
Laubdach, welches im Sommer so vielen Vögeln Schutz bot
avd unser Auge so sehr erquickte, verloren. Die Kiefern
Qnd Tannen dagegen haben ihr frisches, grünes Kleid behalten
wie Efeu und Immergrün am Waldboden.
Nach Strübing.
96. Tas Lied vom Reifen.
Seht nur die lieben Bäumchen an,
AUe sie so herrlich steh'n,
Auf allen Zweigen angetan
Aiit Reifen wunderschön!
Und sie beäugelU und beseh'n
Mag jeder, groß und klein,
Mag hin und her darunter geh'n
Und sich darüber freu'n.
Von unien an bis oben auf,
Auf allen Zweigelein
^ungt's weiß und zierlich, zart und kraus
And kann nicht schöner sein.
Und alle Bäume rund umher
Und alle weit und breit
steh'n da, als ob es Festtag wär',
8n gleicher Herrlichkeit.
Noch gestern abend alles rein,
Kein Reifen in der Tat.
Muß einer doch gewesen sein,
Der ihn gestreuet hat.
Ein Engel geht umher bei Nacht,
Streut heimlich hier und dort,
Und wenn der Mensch alsdann erwacht.
So ist er wieder fort.
Du Engel, der so gütig ist,
Dir sagen Dank und Preis.
O mach' uns auch zum hcil'gen Christ
Die Bäume wieder weiß! Elaudmr.
97. Las Rotkehlchen.
Ein Rotkehlchen kam in der Strenge des Winters an
das Fenster eines frommen Landmannes, als ob es gern
hinein möchte. Da öffnete der Landmann sein Fenster und
üahm das zutrauliche Tierchen freundlich in seine Wohnung.