Full text: Lesebuch für die Mittelklassen der Elementarschulen in Elsaß-Lothringen

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Mann im Lande sein.» Nach diesem brüderlichen Geschenk gab 
er ihm vermuthlich auch noch ein kaiserliches. 
Da Rudolf meist sehr einfach gekleidet ging, so wurde er 
oft verkannt und hatte manches, bisweilen ganz unangenehme 
Abenteuer. Er verzieh aber gern kleine Beleidigungen, die ihm 
unter solchen Umständen widerfuhren. Einst, da er sein Hoflager 
in der Nähe der Stadt Mainz hatte, kam er in seinem gewöhn¬ 
lichen, schlechten Anzuge in die Stadt. Es war ein kalter Mor¬ 
gen, und ihm froren die Hände. Daher freute er sich, dass eben 
glühende Kohlen aus einem Backofen genommen wurden, und 
trat hin, sich zu wärmen. Die Bäckerin aber, die eine böse 
Sieben war und ihn für einen gemeinen Kriegsknecht ansah, 
wollte das nicht leiden und machte gar keine Umstände mit ihm. 
«Marsch,» sagte sie, «troll’ dich fort, zu deinem Bettelkönig, 
der mit seinen Pferden und Knechten das ganze Land aufzehrt, 
oder wenn du nicht gleich gehst, so giesse ich dir diesen ganzen 
Kübel Wasser über den Kopf!» Dabei überhäufte sie ihn mit 
Schimpfworten. Der Kaiser, der sie nicht für so ganz böse hielt, 
als sie schien, wollte ein Spässchen daraus machen; allein es 
war ihr bitterer Ernst; und da er nicht gleich ging, goss sie ihm 
den ganzen Kübel eiskaltes Wasser über Kopf und Leib. Das 
war nun gewiss doch ein wenig stark. Ein Anderer würde viel¬ 
leicht einen Kampf mit einem solchen Weibe begonnen haben; 
Rudolf aber ging fort und eilte so schnell als möglich in das La¬ 
ger zurück, um sich umzukleiden und zu erwärmen. Bei Tische 
erzählte er sein Abenteuer und belachte es lange mit seinen 
Gästen; dann nahm er eine Flasche Wein vom Tische und 
schickte sie mit einer Schüssel voll der besten Speisen durch einen 
seiner Diener der unfreundlichen Frau, nach deren Namen er 
sich erkundigt hatte. « Geh,» sagte er, «bring’ ihr das mit mei¬ 
nem Grosse und sag’ ihr, der alte Landsknecht, dem sie diesen 
Morgen so liebreich einen Kübel Wasser über den Kopf gegos¬ 
sen hat, da er sich an ihren Kohlen wärmen wollte, lasse sich 
für das frische Bad recht schön bedanken.» — Als die Bäckerin 
hörte, wer der alte Mann gewesen sei, wollte sie vor Schrecken 
in den Boden sinken. Sie lief eiligst in das Lager hinaus und 
warf sich dem Kaiser, der noch an der Tafel sass, zu Füssen. 
Rudolf aber hiess sie aufstehen und legte ihr keine andere 
Strafe auf, als dass sie vor allen anwesenden Herren pünktlich 
wiederholen musste, wie sie ihn geschimpft hatte. Kein Wort
	        
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