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16. Die arme Frau und der Ru^Wr Glocke.
In einem Dorfe wohnte eine Witw^mit fünf Kindern;
die ernährte sich kümmerlich mit ihrer Hände Arbeit. Ihr gan
zer Reichtum war eine einzige Kuh, welche die arme Familie
durch ihre reichliche, gute Milch erfreute. Wie jauchzten die
Kleinen, wenn das schöne Tier des Abends unter der muntern
Herde mit vollem Euter von der Weide zurückkam und brül
lend vor die Stallthür trat, und dann die lautere Milch den
saubern Eimer füllte! In einem Jahre aber trat nicht nur
Mißwachs und Teurung ein, sondern der Witwe starb auch
ihr letzter Trost, ihre Kuh.
Da löschte sie am Abend, als die andern Dorfkühe von der
Weide zurückgekehrt waren, ihr kleines Lämpchen unter Jammer
und Thränen und durchseufzte die Nacht; und auch am frühen
Morgen erinnerte sie der Klang des Hirtenhorns nur von neuen:
an ihr Elend, daß sie sprach: „Es wäre mir besser, ich stürbe!"—
Als sie nun so in ihrem Kummer da saß, hörte sie das
Geläute der Glocken, die zur Kirche riefen. Da wurde sie stil
ler in ihrem Gemüte und dachte: „Warum sollte ich heute nicht
in die Kirche gehen, in den bösen Tagen? Bin ich ja doch in
den guten hingegangen." So ging sie, wenn auch mit schwerem
Herzen, zur Kirche und setzte sich hinter einen Pfeiler; denn sie
schämte sich ihres Unmutes, konnte auch kaum mitsingen vor
heimlichem Weinen und die Thränen kaum verbergen. Doch
war ihr die heilige Messe eine Freude und die Predigt erquick
lich und rührend, und sie fand Trost in dem Worte des göttliche:!
Heilandes: „Seid nicht bekümmert für euer Leben, was ihr
essen, noch auch für eueren Leib, was ihr anziehen sollt! Ist nicht
das Leben mehr als die Nahrung und der Leib mehr als das
Gewand? Schauet an die Vögel des Himmels, wie sie nicht
säen und nicht ernten und nicht sammeln in Scheunen, und euer
himmlischer Vater ernähret sie. Seid nicht ihr mehr, viel mehr
als sie?" Da betete sie inbrünstig zu Gott um Hilfe und
kehrte fröhlicher wieder heim, als sie gekommen war. —
Als nun am Abend die Witwe mit ihren Kindern beim