Full text: Lesebuch für die Mittelklassen der Elementarschulen in Elsaß-Lothringen

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14. Das Märchen vom Mann im Monde. 
Vor alten Zeiten ging einmal ein Mann am lieben Sonn⸗ 
tagmorgen in den Wald, hieb sich Holz ab, eine großmächtige 
Welle, band sie, steckte einen Stock hinein, hockte die Welle auf 
und trug sie nach Hause zu. Da begegnete ihm unterwegs ein 
hübscher Mann in Sonntagskleidern; der wollte wohl in die 
Kirche gehen, blieb stehen, redete den Wellenträger an und 
sagte: „Weißt du nicht, daß auf Erden Sonntag ist, an welchem 
Tage der liebe Gott ruhte, als er die Welt und alle Tiere 
und Menschen geschaffen?“ — Der Fragende aber war der liebe 
Gott selbst. Jener Holzhauer jedoch war ganz verstockt und ant⸗ 
wortete: „Sonntag auf Erden oder Montag im Himmel, was 
geht das mich an, was geht das dich an!l“ „So sollst du 
deine Reisigwelle tragen ewiglich!“ sprach der liebe Gott, „und 
weil der Sonntag dir auf Erden so gar unwert ist, so sollst 
du fürder ewigen Montag haben und im Mond stehen, ein 
Warnungsbild für die, welche den Sonntag mit Arbeit schän⸗ 
den!“ 
Von der Zeit an steht im Monde immer noch der Mann 
mit dem Holzbündel und wird auch wohl da stehen bleiben bis 
in alle Ewigkeit. 
15. Sonntagsfreude. 
All' die ganze, lange Woche 
Hat der Vater viel zu thun, 
Darf nicht rasten und nicht ruh'n; 
Hat ein Wörtchen kaum gesprochen 
Früh zu seinem armen Kind, 
Muß er wieder fort geschwind. 
Auf den Sonntag muß ich hoffen 
Durch die ganze Woche lang; 
Bei dem hellen Glockenklang 
Steh'n mir schnell die Äuglein offen, 
Bleibe nicht im Bette mehr, 
Laufe schnell zum Vater her. 
Darf dann immer mit ihm gehen 
In den Garten, auf das Feld, 
Und die ganze schöne Welt 
Ringsherum läßt er mich sehen, 
Sagt mir, wie Gott alles schafft 
Durch sein Wort und seine Kraft. 
Sonntag, o von allen Tagen 
Hab' ich keinen lieb wie dich! 
Weckt der Klang der Glocken mich, 
Und ich hör' die Mutter sagen: 
„Heute ist der Tag des Herrn,“ 
O wie hör' ich das so gern! 
W. Hey.
	        
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