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heidnischen Sachsen für den Glauben zu gewinnen. Hierzu bedurfte er der
Unterstützung von Mitarbeitern. Um diese heranzubilden, beschloß er, eine
Abtei mit einer Klosterschule zu gründen, von wo aus sich das Licht des
Glaubens über das ganze Deutschland ergießen sollte. Er sandte deshalb
seinen geliebten Schüler Sturm aus, damit er einen geeigneten Platz zum
Bau eines Klosters ausspähe. Nach langem und mühevollem Suchen fand
er einen Platz, der ihm zum Bau sehr geeignet schien, und richtete dort ein
Kreuz auf. Bonifatius kam ihm mit vielen Arbeitern zu Hilfe, und schon
nach wenigen Jahren war das berühmte Kloster Fulda vollendet. Die glück—
liche Lage dieses Heiligtums inmitten der Franken, Hessen, Thüringer und
Bayern trug nicht wenig zu seiner segensvollen Wirksamkeit bei. In den
Klosterräumen blühten wie in seinem Vorbilde Monte Cassino die Künste und
Wissenschaften, Ackerbau und Gewerbe. Zu den Schulen kamen talentvolle
Jünglinge von nah und fern, Mönche zogen predigend von dort aus, die
Jaienbruder schufen die ehemalige Wildnis in ein liebliches Paradies um.
Noch unter dem ersten Abte Sturm belief sich die Anzahl der Mönche auf 400.
Ofters besuchte Bonifatius diese seine Lieblingsstätte.
8. Bisher hatte Bonifatius keinen bestimmten Wohnsitz gehabt. Auf Wunsch
des Papstes Zacharias wählte er Mainz, welches bisher nur ein Bistum war,
zum erzbischöflichen Sitze, und der Papst unterstellte ihm alle Bischöfe Deutsch—
lands. Jetzt hätte sich der unermüdliche Missionar Ruhe gönnen dürfen,
aber Tag und Nacht war er tätig. Als er die Nachricht erhielt, daß nach
dem Tode Willibrords die Friesen größtenteils wieder vom Glauben abge—
fallen seien, brannte er vor Begierde, die Abtrünnigen Gott wiederzuge—
winnen, und faßte den Entschluß, den Rest seines Lebens der Bekehrung dieses
hartnäckigen Volkes zu widmen.
Als Greis von 75 Jahren und im Vorgefühle seines nahen Todes
übertrug er seine erzbischöfliche Würde seinem geliebten Schüler Lullus,
empfahl ihn dem Schutze des Königs Pippin und der Fürbitte der Priester
und Mönche und sprach zu Lullus selbst, indem er ihn bei der Hand faßte:
„Mein liebster Sohn, trage Sorge für die Seelen, die dir anvertraut sind,
und bewahre das Volk vor Abwegen, vor Irrtum und Sunde!“ Dann
sprach er zu Lullus und den versammelten Geistlichen: „Die Zeit ist nahe,
daß wir für immer in dieser Welt voneinander scheiden. Ich ziehe nun hin,
wohin mich die Gnade Gottes führen wird. Besorgt mir alles dasjenige,
was ich zur Reise notwendig haben werde, und legt zu meinen Büchern auch
das Leichentuch, damit man diesen abgelebten Leib nach meinem Tode darein
wickeln könne. Vollendet auch den angefangenen Bau der Kirche in meinem
Kloster Fulda und laßt meinen Leib dort begraben.“ Lullus und alle An—
wesenden versprachen weinend, den Willen ihres geliebten Lehrers zu erfüllen.