Full text: [Band 2, [Schülerband]] (Band 2, [Schülerband])

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Orchestrion, das alle Sonntage den „Ledigen“ des Ortes unermüdlich 
seine alten und neuen Tänze aufspielt. Da bieten die Mädchen mit 
ihren steifen, vielgefalteten Röcken und buntgeblümten Kopftüchern, 
mit ihrem dunkeln Samtmieder und ihrer breiten, farbigen Schürze, 
die Burschen in ihren straffsitzenden, schwarzen Jacken, den seidenen, 
schwarzen Westen und dem unter dem Kinn festgeknoteten Halstuche 
ein farbenprächtiges Bild. Während sie tanzen, sitzen die Verheirateten 
und Alten beisammen an den Kaffeetischen im wendischen Saale, aus 
dessen niedriger Holzdecke die festen Quer- und Längsbalken hervor— 
springen. Auf schmalen Holzleisten stehen nebeneinander gereiht alter— 
tümliche Krüge, Gläser, Teller und Schüsseln. Viele Bilder und 
Skizzen in Ol, Kreide und Bleistift schmücken die Wände. Unweit 
des Wirtshauses, jenseit der hohen, sich über ein schmales Spreewasser 
wölbenden Holzbrücke liegt das Fremdenhaus. Es ist ein luftiger, 
großer Bau aus langen, schmalen Brettern, von denen zähe Harz— 
tropfen langsam herabfließen. 
Warum Lehde so zahlreich von den Malern aufgesucht wird, ist 
jedem klar, der einmal dort war. Das Dorf liegt eigenartig schön; 
alle Häuser stehen auf kleinen Inselchen. Will ein Bauer zum andern, 
so muß er sich des flachen, breiten Kahnes bedienen, der im Dorfe 
und von Dorf zu Dorf den Verkehr vermittelt. Auf dem Kahne 
bringt der Bauer die Früchte seiner Acker und Felder: Meerrettich, 
Mohrrüben, Zwiebeln, Kürbis und vor allem die weitberühmten 
Gurken zum Markte. Der Kahn trägt den Post- und Paketboten von 
der Stadt ins Dorf, den Arzt zu den Kranken, den Pfarrer zu den 
Sterbenden. Auf dem Kahne fahren die Täuflinge mit ihren Eltern 
und Paten zur Lübbenauer Kirche, Braut und Bräutigam zur Hochzeit, 
die Toten zum Grabe. 
Die Häuschen des Dorfes sind auf Steingrund aus Balken erbaut, 
mit Schilf und Rohrdächern, auf denen grünes Moos sich angesiedelt 
hat. Die bretterbeschlagenen Giebel schmücken nach altem Herkommen 
hölzerne Tierköpfe. Durch die quergeteilte Tür tritt man in einen 
Fur, an dessen einer Seite die Altenstube liegt, welche die Bauern 
bewohnen, die sich zur Ruhe gesetzt haben. An der andern Seite 
liegt die geräumige, geweißte Staatsstube mit ihrem altmodischen 
Hausrat, den buntbemalten Truhen und Schränken und dem niedrigen, 
von einer breiten Bank umzogenen braunroten Kachelofen. Daneben 
liegt, nur durch eine dünne Bretterwand abgetrennt, die enge Schlaf— 
kammer mit den hochgetürmten Federbetten. 
Im Hintergrunde des Flurs befindet sich die Küche mit bescheidenem 
Gerät; über dem Flur liegt der weite Boden mit den Wintervorräten.
	        
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