Full text: Lesebuch für Brandenburg

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50. Spruch. 
Bauernfaust und Bauerngeist, 
ob auch selten man sie preist, 
sind des Staates Quell und Macht, 
sind die Sieger in der Schlacht. 
Wohl dem Staat, der das bedacht! 
Heinrich Sohnrey. 
51. Vom deutschen Bauernstande. 
1. Das Büttnersche Gut war eine der ältesten spannfähigen Stellen 
im Orte. Es war, wie die Nachrichten des Kirchenbuches auswiesen, stets 
mit Leuten dieses Namens besetzt gewesen. Lange vor dem großen Kriege 
schon hatten die Büttners dem Dorfe mehrere Schulzen geschenkt, und unter 
den alten Grabsteinen auf dem Kirchhofe war mancher, der diesen Namen 
aufwies. Auch später hatte es der Familie an Nachwuchs nicht gefehlt. 
Die jüngeren Söhne, wenn sie eigene Familien begründet hatten, blieben 
meist mit Frau und Kind auf dem Hofe ihrer Väter, halfen bei der Be⸗ 
stellung und arbeiteten die Frondienste für den Grundherrn ab. Die Kinder 
mußten, wie damals üblich, der Gutsherrschaft zum Zwangsgesindedienst an⸗ 
geboten werden. Man befand sich ja nicht auf eigenem Grund und Boden; 
der Gutsherr hatte die Obrigkeit und besaß Verfügungsrecht über Land 
und Leib seiner Untertanen. Aber die besondere Stellung der Büttner— 
schen Familie, ihre Tüchtigkeit und Nützlichkeit, war auch von seiten der 
Gutsherrschaft anerkannt worden. Niemals war einer aus diesem Gute, 
wie es sonst in der Zeit der Erbuntertänigkeit den Bauern nicht selten 
geschah, in eine geringere Stelle versetzt worden. Man leistete durch Spann⸗ 
und Handdienste der Herrschaft ab, was man ihr schuldig war. Großen 
Wohlstand hatte man dabei nicht sammeln können; dazu war auch die Kopf⸗ 
zahl der Familie meist zu stark gewesen und der Boden zu ärmlich. Aber 
man hatte nichts eingebüßt an Land und Kraft in den Zeiten der Hörig⸗ 
keit, die nur zu viele Bauern herabgedrückt hat zur Unselbständigkeit und 
Stumpfheit abhängiger Menschen. 
2. Unter dem Großvater des jetzigen Besitzers trat die Bauernbefreiung 
in Kraft. Die Erbuntertänigkeit wurde aufgehoben, alle Fronden abgelöst. 
Bei der Regulierung verlor das Bauerngut ein volles Dritteil seiner Fläche 
an die Herrschaft. 
In dem Vater des jetzigen Büttnerbauern erreichte die Familie einen 
gewissen Gipfelpunkt. Er war ein rühriger Mann, und es gelang ihm, 
sich durch Fleiß und Umsicht, begünstigt durch gute Jahre, zu einiger
	        
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