Object: Die Geschichte des deutschen Volkes

Friedrich II. und Papst Gregor IX. 
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tesreich; er glaubte, daß gesetzliche Ordnung der Staaten ihre bisherige 
Bevormundung durch die Kirche überflüssig mache, und erkannte in einer 
allgemein-menschlichen Bildung und Veredlung der Völker die erhabene Be¬ 
deutung seines kaiserlichen Berufes. Noch herrschte jedoch im Abendland 
jene tief eingewurzelte Vorstellung von der ausschließlichen, alleinseligma¬ 
chenden Gewalt der römisch-katholischen Kirche, und Friedrichs Zeirgenopen 
waren für dessen Ideen noch nicht reif. Er kämpfte also nicht bloß gegen 
das Papstthum, sondern auch gegen den Geist seiner Zeit, und darum mußte 
er, ungeachtet seiner Weisheit, seiner hohen Bildung, seiner Charaktergröße, 
ja selbst ungeachtet seines Glückes, endlich dennoch untergeben. Gleichwohl 
war sein Kamps nicht verloren; er kam der Nachwelt zu Gut. 
Gregor IX. war nun eben so heftig darüber erzürnt, daß Friedrich II. 
trotz des Bannes den Kreuzzug unternommen hatte, wie früher darüber, 
daß er denselben hinaus geschoben. Während der Kaiser Jerusalem erwarb, 
hatte Gregor Kriegsvolk besoldet, welches in Unteritalien feindlich eindrang. 
Ferner hatte er, nach der Politik seiner Vorgänger, sich mit den guelfischen 
Städten Lombardiens eng verbunden; endlich hatte er sogar die deutschen 
Fürsten zum Abfall vom Kaiser aufzureizen versucht, was ihm jedoch nicht 
gelang. Als Friedrich aus dem Morgenland nach Italien zurückkehrte, lie¬ 
fen die Soldaten des Papstes, so eilig sie konnten, auf unb davon, und Die 
Feinde des Kaisers inLombardien zögerten erschrocken, dem Papste beizustehen. 
Da blieb diesem endlich nichts anderes übrig, als mit dem Kaiser Frieden zu 
schließen. Dies geschah am 23. Juli 1230 zu San Germano; und der 
Papst erlöste hierauf den Kaiser vom Banne. 
Nun strebte der Kaiser eifrig, das Glück seiner Reiche zu fördern. 
Leider richtete er jedoch, wegen der gefährlichen Nachbarschaft des Kirchen¬ 
staats, eine größere Sorgfalt auf seine Erblande in Unteritalien, als aufs 
deutsche Vaterland; das apulisch-sicilische Reich sollte der Mittelpunkt seiner 
neuen Schöpfung werden. Hier wollte er seinen Plan eines geordneten 
Staates verwirklichen, und dann, vor dem Papst um so sicherer, auch in 
Deutschland. Für Apulien und Sicilien ließ er durch seinen vertrauten 
Freund, den gelehrten Kanzler Peter von Vinea, eine neue umfassende Ge¬ 
setzgebung vollenden, welche in gar manchen Punkten dem römischen Kir¬ 
chenrecht widersprach. Im Jahre 1231 wurde sie bekannt gemacht. Gre¬ 
gor IX. aber stellte derselben 1234 eine neue Sammlung von Kirchenge¬ 
setzen entgegen. Auch bildete Friedrich dort eine verbesserte ständische Ver¬ 
fassung, indem er zu den Parlamenten, welche früher bloß ails dem Adel 
und den Kirchenfürsten bestanden hatten, auch Abgeordnete der Städte bei¬ 
zog. Da erblühten Kunst und Gelehrsamkeit in Unteritalien gar herrlich, in 
Neapel war schon seit 1225 eine Hochschule aufgethan, prachtvolle Werke 
der Baukunst erhoben sich, und der kaiserliche Hof erscholl von Lebens- und 
Liebeslust, von Minnegesang und den Sprüchen morgenländischer Weisen. 
Um so finsterer, verworrener und blutiger war der Zustand Oberitaliens. 
Dort rüttelte die alte Zwietracht der guelfischen und der gibellinischen Par¬ 
tei an der Freiheit der Städte; wechselseitiger Haß und Uebermuth veran- 
kaßten zahlreiche Frevel. Der Kaiser überzeugte sich, daß er dort einzig mit 
Strenge durchgreifen mußte, wie sein Ahnherr, der Rothbart; denn die lom¬ 
bardischen Städte glaubten in der Politik des Papstes nicht bloß für ehr¬ 
lichen Widerstand, sondern auch für jede Treulosigkeit Entschuldigung und 
Rückhalt zu haben. Klug suchte sich nun der Kaiser den Papst in einem 
günstigen Augenblick zum Dank zu verpflichterr und stand demselben gegen
	        
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