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ihm auch zur Unterhaltung seine schönsten Lieder vor. Nur gegen
Abend gõnnt er sich eine kleine Erholung und sucht seine Freunde aut,
um sich mit ihnen zu unterhalten.
2. Wenn aber die Jungen aus den Eiern geschlüpft sind, dann
beginnt auch für ihn eine ernste, arbeitsvolle Zeit, und die lustigen
Lieder verstummen. Die Läleinen Stare sehen wunderlich aus, und es
wird wohl niemand diese nackten Geschöpfe mit groben Köpfen und
groben Schnäbeln schön finden. Aber danach fragt die Elternliebe
nicht. Das Starenpärchen ist unermüdlich, die kleinen, unförmlichen
Schreihãlse zu füttern. Bald sieht man Star und Starin Blatt um Blatt
an den Baumen im Garten durchsuchen, bald flinß im Grase umher-
trippeln und die zierlichen Köpfchen mit den klugen Augen bald dahin,
bald dorthin wenden.
Es gilt, Schnecken, Raupen, Käfer und Würmer für die hungrigen
Kinder zu suchen und nebenbei sich selbst zu bedenken. Kehren Vater
und Mutter zum RKasten zurück, so gibt es ein gewaltiges Geschrei.
Fũnf oder sechs Schnäbel Sperren sich weit auf, und jedes der Kinder
mõchte gern zuerst bedacht sein. Aber „eins nach dem andern!“ heibt
die Hausregel, und es ist wunderbar, dab die Eltern nach und nach das
ganze Häuflein Kinder zu befriedigen wissen.
3. Sechzehn Tage lang dauert die angestrengte Futterzeit; dann
streckt ein Stärlein nach dem andern sein graues Köpfchen aus dem
Flugloch und blickt neugierig in die Welt hinein. Das Nest wird ihnen
zu eng, die Hlügel sind ihnen gewachsen, und die Lust, das Häuslein
zu verlassen, wvird immer gröber. Kaum sind noch zwei Wochen ver-
gangen, da geht es husch! husch! — und ein Stärchen nach dem andern
fliegt auf den nãchsten Baum. Lange bleiben sie hier nicht sitzen. Die
Welt ist so schõn und so weit. Sie sind mündig geworden und können
sich nun ohne Hilfe der Eltern durch das Leben schlagen. NMutig fliegen
sie in das Weite und treffen bald mit andern jungen Staren zusammen.
ILV. Lustiges Sommerleben.
I. Ein lustiges Leben beginnt. In groben Schwärmen fliegen
sie umher, suchen sich am Tage Nahrung und finden ihren Tisch überall
gedeckt. Am Abend aber fallen sie in das Röhricht der Teiche oder in
dichte Weidengebüsche ein und machen, bevor sie sich zur Ruhe begeben,
einen gewaltigen Lärm. Die Alten dagegen bleiben am Kasten. PFür
sie gibt es noch keine Ruhe. Sie reinigen die Wohnung und richten sie
aufs neue behaglich ein sür die zweite Brut. Isst endlich auch diese
flügge, dann machen sich die Alten mit den Jungen auf, die übrigen
Kinder aufzusuchen, und von nun an findet man unsern Star in Gesell-
schaft von Krähen und Dohlen. Sich zu diesen Vögeln zu gesellen,
verloekt ihn wohl ihr ehrbares, schwarzes Kleid.