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Der atte Fritz. Friedrich Wilhelm III.
VI. Der alte Fritz.
(Zum 17. August. Friedrich’s des Grossen Todestag. 1786.)
Friedrich der Grosse hatte durch langwierige Kriege seinen
Staat zu einer selbstständigen deutschen und europäischen Macht
erhoben, die aller Welt Respekt einflösste. In allen Häusern und
Hütten von Deutschland und weit über Deutschlands Grenzen hin- '
aus, selbst in Amerika, war sein Bildniss zu sehen. Wer kennt
ihn nicht, den ernsten Mann! Wie er dasteht, etwas gebückt und
auf seinen Krückstock gestützt, den grossen dreieckigen Hut auf
dem Kopfe, in abgetragener blauer Uniform mit rothen Aufschlä¬
gen; hinten den langen Zopf, vorn die gelbe Weste, in kurzen,
schwarzen Sammtbeinkleidern und langen, schlottrigen Stiefeln;
mit dem Degen an der Seite und der silbernen Schärpe! Sein
Blick war so durchbohrend, dass er einen Panduren entwaff¬
nete, der einmal aus einem Hinterhalte das Gewehr auf ihn
anlegte. Doch wurde dieser Blick sanft und milde, wenn der
König einen Zug von Menschenliebe erzählte oder erzählen hörte.
Nachdem die schlesischen Kriege beendigt waren," zog sich
Friedrich in seinen stillen Aufenthaltsort Sanssouci (sprich
Sangssussi) zurück. Hier wohnte er regelmässig zur Frühlings- und
Sommerzeit, und oft konnte man ihn da lustwandeln sehen, be¬
gleitet von seinen Windspielen, mit einem Buche in der Hand.
Hier widmete sich der König dem Wiederaufbau alles dessen, was ,
der furchtbare Krieg niedergerissen hatte. Von hier aus überwach¬
ten seine Adleraugen Alles selbst. Durch diese landesväterliche
Regierung erwarb er sich noch grösseren Ruhm, als durch seine
herrlichen Kriegsthaten.
In Berlin steht die Reiterstatue Friedrichs des Grossen. Da
sehen wir ihn hoch zu Ross in Erz, wie er leibte und lebte.
Die Geschichte nennt Friedrich II. mit Recht „den Grossen“,
„den Einzigen“; dem deutschen, insbesondere dem preussischen
Volke aber wird er stets der liebe „alte Fritz“ bleiben.
9. Deutschlands Demüthigung und Befreiung von französischer
Herrschaft.
I. Friedrich Wilhelm III.
(Zum 3. August. Friedrich Wilhelms III. Geburtstag. 1770.)
„Meine Zeit mit Unruhe, meine Hoffnung in Gott!" So hat der König sein
Leben selbst kurz und schön bezeichnet. Und es ist wahr, ein König, der es
treu und gewissenhaft meint, hat nimmer Ruhe, wenn auch tiefster Friede die 1
Schwerter in der Scheide hält. 43 Jahre hat Friedrich Wilhelm III. die schwere
Fürstensorge getragen. Viel Frieden und Freude hat Gott ihm in dieser Zeit
geschenkt; aber auch schwere Unruhe und tiefer Schmerz find durch seine Seele
gegangen, und es hat Zeiten gegeben, wo er hätte vergehen muffen in seinem
Unglück, wenn nicht die Hoffnung in Gott ihn gehalten hätte.