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Wilhelm I., der Gründer des norddeutschen Bundes.
gen ertragen mußte, wetteiferte das ganze Volk von dem königlichen
Hause bis zu den ärmsten Leuten herab in der Fürsorge für die Trup¬
pen. LebenSmittel und Erfrischungen, Verbandzeug und warnie Sachen
für Kranke und Verwundete, viele Tausende von Thalern wurden ge¬
sammelt, um den Soldaten bei ihren Märschen und Strapazen Erquickung
und Stärkung zu bereiten.
Es ist auch eine heilige Pflicht des Vaterlandes, für die Hinter¬
bliebenen, für die Wittwen und Waisen derer zu sorgen, die in den
Schlachten und an den ansteckenden Seuchen gestorben sind, welche unser
Heer gelichtet haben. Das Volk hat seinen Dank den Kriegern zu
bringen, die zu Krüppeln geworden sind und ihren bürgerlichen Beruf
nicht weiter ausüben können. Zu diesem Zwecke hat der Kronprinz die
National-Invaliden-Stiftung gegründet, durch welche die Verwundeten
und die Hinterbliebenen der Gefallenen unterstützt werden sollen.
8. Als der König vor den Thoren Wiens eine Heeresschau über
seine dort versammelten Truppen hielt, sagte er zu den Feldgeistlichen:
Meine Herren, der Krieg war kurz, aber glorreich. So ist wohl nie
ein Krieg geführt worden. Das ist unter der sichtbaren Führung des
Himmels geschehen. Wir verdanken es den Gebeten daheim und Ihren
Gebeten. Der Himmel hat uns so sichtbar geholfen, daß wir Gott auf
den Knieen danken müssen. Also keine Ueberhebung, sondern Demuth!
Am 23. August wurde mit Oesterreich zu Prag Frieden geschlos¬
sen. Oesterreich schied aus dem Bunde, dem es mit den übrigen Staa¬
ten Nord- und Süddeutschlands bisher angehört hatte, aus. Dieser
Bund war überhaupt aufgelöst. Dafür wurde der Norddeutsche
Bund gegründet. Zu demselben gehört das ganze nördliche Deutsch¬
land von der Nord- und Ostsee bis zum Main. An seiner Spitze steht
Preußen. Dasselbe hat drei neue Provinzen erhalten: Schleswig-Hol¬
stein, Hessen-Nassau und Hannover. Nun bildet es von der russischen
bis zur französischen Grenze ein zusammenhängendes Ganze und besteht
nicht mehr aus getrennten Theilen. Von den Grenzen Dänemarks er¬
streckt sich das preußische Gebiet bis an den Main.
Auch mit den süddeutschen Staaten machte Preußen jetzt ebenfalls
Frieden. Es schloß mit ihnen ein Bündniß, durch welches sie sich ver¬
pflichteten, ihre Kriegsmacht im Falle eines Krieges unter den Oberbefehl
des Königs von Preußen zu stellen.
Die gesegneten Erfolge dieses Bündnisses in dem glorreichen Kriege
gegen Frankreich 1870 stellten durch Gottes Führung die Vereinigung
von Nord- und Süddeutschland zu einem mächtigen Gesammtstaate in
sichere Aussicht?)
*) Siehe Abschnitt II., Seite 341 u. flgde.