89
von deinem Einkommen und Erwerb, von deinem Verdienste und
Tagelohne! Und zweitens: An Mund und Kleid, an Magen und
Kragen sollst du's ersparen! „Wer Geld und Gut denkt zu erlangen,
muß erstlich mit dem Mund anfangen.“
Sparen soll ich? sagt der andere; aber wieviel? Die Er—
sparnisse von meinem geringen Verdienste sind nicht der Rede wert
und können nichts helfen. — Aber viele Bäche machen einen Strom,
viele Körner einen Haufen, viele Federn ein Bett, viele Reiser
einen Besen. „Wer das Kleine nicht acht't, dem wird das
Große nicht gebracht.“ Ich kenne einen Herrn Haltzurat, der
früher mit Schieferstiften, Siegellack und andern Kleinigkeiten im
Kasten auf gut beschlagenen Schuhen durch die Dörfer zog, und
jetzt hat er einen großen Kramladen und thut Gelder auf Zins
aus. Mit ehrlichen Pfennigen hat der Mann sein Sparen an—
gefangen; denn er wußte, daß 100 kupferne Pfennige eine
Silbermark ausmachen.
Sparen soll ich? sagt der dritte; aber wann? Heißt es doch:
„Freut euch des Lebens, weil noch das Lämpchen glüht!“ Lassen
wir also das Sparen, bis die Lust gebüßt ist und die Rosen auf
den Wangen abblättern! — Soll ich anworten? Spare beizeiten,
ehe es zu spät wird, ehe es auf die Neige geht mit deinem Vorrat
und mit deiner Kraft, etwas zu erwerben! Spare in den Sommer⸗
tagen des Lebens für die Wintertage! Jeder gesunde Mensch hat
wenigstens einmal im Leben seine Sommer-⸗ und Erntezeit. In
jungen Tagen baut man sich für das Alter die Hütte. „Venn man
im Rohre sitzt, muß man die Pfeifen schneiden.“
Sparen soll ich? sagt der vierte; aber wozu? „Kommt Zeit,
kommt Rat!“ — Richtig! Auch für dich wird Rat werden, nämlich
zum Bettelsack über den Nacken und zu einem Eckchen im Armen-
hause; denn Herr Sparenichts und Herr Habenichts haben von
Anbeginn unter einem Dache gewohnt.
Sparen also soll ich? aber wo es lassen? fragt Nachbar
Ratlos. — Ist bei dir zu Stadt und Land keine Sparkasse und
der Sparpfennig in deinem eigenen Gewahrsam nicht sicher, so
mache einen wohlhabenden und rechtlichen Mann zu deinem Ein—
nehmer und bitte ihn dabei — nicht aus Mißtrauen, sondern wegen
Lebens und Sterbens — um zwei Zeilen Bescheinigung über
geschehene Einzahlung.