Full text: [Teil 5 (Oberstufe, 2. Abteilung), [Schülerband]] (Teil 5 (Oberstufe, 2. Abteilung), [Schülerband])

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Beschneiden in Zwerggestalt zurückgehalten; läßt sie die über— 
hangenden Sprosse sich bogenförmig herabneigen. Mitten im Wein⸗ 
gelãnde leuchten die weißen Winzerhäuschen, während von den 
fagenumwobenen Trümmern am Gipfel des Berges der Hauch ver⸗ 
gangener Zeiten uns umweht. Viele Tausende von Hektaren sind 
in dieser Weise mit Reben bepflanzt. Neben dem Mosel⸗ und dem 
Ahrthale liefert das mittlere Rheinthal selbst und hier vor allem 
der Rheingau die vortrefflichsten Weine. Zwischen Biebrich und 
Rüdesheim, in einer Ausdehnung von sechs Stunden, gedeihen auf 
den gegen das Gebirge sanft ansteigenden Hügeln als die edelsten 
don allen der Rüdesheimer, Johannisberger, Geisenheimer, Marko⸗ 
hrunner u. a. Aber auch weiter südlich bildet der Weinbau 
für die Bevölkerung weiter Gebiete den Haupterwerbszweig. So 
sind in Hessen-Darmstadt auf den Vorhügeln zwischen dem Rheine 
und dem Gebirge 10 000 ha mit Wein bepflanzt, in Württemberg 
im Neckarthale und anderwärts 25 000 ba und im südlichen Baden 
das ganze Markgräflerland zwischen Lörrach und Breisach. In 
Unterfranken wird um Würzburg herum im mittlern Mainthale 
der edle Steinwein gekeltert. Unler allen Staaten des Deutschen 
Reiches aber erzeugt das Elsaß den meisten Wein. 
In ähnlicher Weise wie am Rheine und in Süddeutschland 
erscheinen die Weinberge in Nord-Frankreich und in Ungarn. In 
holzarmen Ländern waͤchst die Rebe auch wohl ohne Pfahl, indem 
sie ihre Triebe auf dem Boden hinkriechen läßt. So geschah es 
schon in uralter Zeit in Nord-⸗Afrika, in Palästina, im alten 
Griechenland, und so geschieht es noch heutzutage in der Provence 
und an der spanischen Seeküste. 
Jenseit der Alpen, zunächst in Südtirol, begrüßt uns die 
Rebe in einer neuen, schönern Form. Um das freundliche Meran 
am Ufer der Etsch erheben sich die weinbekränzten Hügel, von 
dreiundzwanzig Burgen gekrönt, hinter denen die blauen Felswände 
des Mittelgebirges aufsteigen, während die Eispyramiden des Ortler 
und der Otzthalferner die Aussicht schließen. Jene Hügel sind 
von hohen Steinmauern eingefaßt, auf denen wilde Feigenbäume 
wurzeln, und an deren Fuße die Kapernstaude ihre violetten 
Blülenbüschel hervortreibt. Das Innere des Weinberges gleicht 
einer einzigen Gartenlaube; zahlreiche Steinsäulen tragen ein wage⸗ 
recht liegendes Lattenwerk, das die hier weit kräftiger aufgeschossene 
Rebe mu Blaäuern und Trauben üppig durchflicht. Mit den Wein—
	        
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