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Graf Eberhard der Greiner vernahm der Seinen Not;
schon kommt er angezogen mit starkem Aufgebot,
schon ist um ihn versammelt der besten Ritter Kern,
vom edeln Löwenbunde die Grafen und die Herrn.
Da kommt ein reis'ger Bote vom Wolf von Wunnenstein:
„Mein Herr mit seinem Banner will Euch zu Dienste sein.“
Der stolze Graf entgegnet: „Ich hab' sein nicht begehrt;
er hat umsonst die Münze, die ich ihm einst verehrt.“
Bald fieht Herr Ulrich drüben der Städter Scharen stehn,
von Reutlingen, von Augsburg, von Ulm die Banner wehn;
da brennt ihn seine Narbe, da gärt der alte Groll:
„Ich weiß, ihr Übermüt'gen, wovon der Kamm euch schwoll!“
Er sprengt zu seinem Vater: „Heut zahl' ich alte Schuld;
will's Gott, erwerb' ich wieder die väterliche Huld.
Nicht darf ich mit dir speisen auf einem Tuch, du Held;
doch darf ich mit dir schlagen auf einem blut'gen Feld!“
Sie steigen von den Gaulen, die Herrn vom Löwenbund,
sie stürzen auf die Feinde, thun sich als Löwen kund.
Hei, wie der Löwe Ulrich so grimmig tobt und würgt!
Er will die Schuld bezahlen; er hat sein Wort verbürgt.
Wen trägt man aus dem Kampfe dort auf den Eichenstumpf?
„Gott sei mir Sünder gnädig!“ — er stöhnt's, er röchell's dumpf
O königliche Eiche, dich hat der Blitz zerspellt!
O Ulrich, tapfrer Ritter, dich hat das Schwert gefällt!
Da ruft der alte Recke, den nichts erschüttern kann:
„Erschreckt nicht! Der gefallen, ist wie ein andrer Mann.
Schlagt drein! Die Feinde fliehen!“ Er ruft's mit Donnerlaut.
Wie rauscht sein Bart im Winde! Hei, wie der Eber haut!
Die Städter han vernommen das seltsam list'ge Wort.
„Wer flieht?“ so fragen alle; schon wankt es hier und dort.
Das Wort hat sie ergriffen gleich einem Zauberlied;
der Graf und seine Ritter durchbrechen Glied auf Glied.