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5. Neues Leben, neue Stärke, .7. Erde, weit und ohne Grenzen,
reiner Andacht frische Glut Himmel, drüber ausgespannt,
zu dem frommen Liebeswerke reich an Sternen und an Kränzen,
schöpf' ich aus der Gnadenflut. scheint ihr mir ein heilig Land.
6. Und von göttlichen Gedanken 8. Laß die Flamme stets mir brennen,
einen reichen Blütenstrauß o mein Heiland, Jesu Christ!
trag' ich heimwärts, Gott zu danken Laß es alle Welt erkennen,
in dem stillen, kleinen Haus. daß mein Herz dein Altar ist.
Mar v. Schenkendorf.
151. Du sollst den Feiertag heiligen.
Ein ehrlicher Grobschmiedgesell kam auf seiner Wanderschaft in eine Werk—
statt, wo es recht tapfer herging mit Hämmern und Feilen von Morgen bis
Abend, und das war ihm eben recht, denn er arbeitete gern. Als aber der
Sonntag kam und das Hämmern nicht aufhörte und keine andre Orgel zu hören
war als der Blasebalg, war's ihm nicht ganz recht; denn er wäre gern in die
Kirche gegangen, ein geistlich Lied mitzusingen. Äber der Meister wollte gern
aus seinem Eisen alle Taschen voll Gold schmieden und dachte: „Warum soll
mein Handwerk bloß am Sonntag keinen goldenen Boden haben?“ — Eine
Weile hat sich's der Gesell eben gefallen lassen, weil er dem Meister nicht
wollte zuwider sein. Allein ohne Sonntag schmeckte ihm das Leben wie ein—
Wassersuppe, in der kein Salz ist. Also faßt er sich ein Herz, geht zum
Meister ins Haus und sagt: „Meister, ich kann ohne Gottes Von nicht länger
bestehen, und wenn ich mich den Sonntag in der Werkstatt abarbeite, bin ich
die Woche nur ein halber Mensch; darum seid so gut und gebt mir den Sonn—
tag meine Freiheit.“ Der Meister sagt: „Nein, das geht nicht an; denn du
hast die Aufsicht in der Werkstatt, und außerdem, wenn einer fortginge, könnten
sie alle fortgehen, und dann stände das Geschäft still. — „Aber ohne Gottes
Wort verkomm' ich,“ sagte der Gesell, „und es geht einmal nicht mehr. Ihr
wißt, faul bin ich nicht, und Euern Schaden will ich auch nicht; aber was nicht
geht, das geht nicht, und wofür bin ich ein Christ, wenn ich keinen Sonntag
habe?“ — Dem Meister kam das wunderlich vor, und er hatte schon ein Wort
von Narrenspossen und dergleichen auf der Zunge; wie er aber dem ehrlichen
Gesellen ins Gesicht sah, besann er sich und sagte: „Nun, meinethalben geh du
in die Kirche, so viel du willst. Aber eins beding' ich mir aus: Wenn's
pressiert, mußt du auch am Sonntag auf dem Platz sein.“
Wer war froher als unser Gesell? Am nächsten Sonntag zieht er seinen
blauen Rock an, nimmt das Gesangbuch untern Arm und gehl in die Kirche.
Solch einen schönen Tag hat er lange nicht gehabt; ihn hat die Predigt und
der Gesang ganz aufgeweckt, und unser Grobschmied war so munler wie ein
Vogel.
Nun vergeht die Woche, und wie der Sonnabend kommt, sagt der Meister:
„Gesell, es pressiert; morgen mußt du in der Werkstatt sein.“ — „Gut,“ sagt
der Gesell, „wenn's nicht anders sein kann.“ — Den nächsten Sonnabend sagt
der Meister wiederum: Es pressiert,“ und so auch den dritten. Als aber nach
dem dritten Sonntag der Meister den Wochenlohn auszahlt, fünf Taler und
fünfundzwanzig Silbergroschen, wie's ihm zukam, da spricht der Gesell: „Das
ist zu viell“ und schiebt die fünfundzwaͤnzig Silbergroschen zurück. Warum?“
sagt der Meister, „es ist für die sieben Tage.“ — Aber der Gesell spricht
„Nein, ich hab's mir bedacht, und für den Sonntag nehme ich kein Geald mehr;