Full text: Lesebuch für die Oberstufe der evangelischen Volksschulen des Herzogtums Oldenburg

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Aber als sie abends hinter der gehörnten Schar das Dorf hinunterging, 
kamen einige Maultiere herauf ihr entgegen. Und auf dem vordersten saß ihr 
Benedikl hinter einem Knechte des Funftbischofs, und zwar so munter, daß die 
Witfrau sogleich sah, es müsse ihm den Tag über nicht schlecht gegangen sein. 
Und so war es auch. Der Bischof hatle sich sogleich für die Pflastersteine 
des Sandbuben entschieden und die fremden Steinmetzen wieder in ihre Heimat 
entlassen, den Knaben aber mit sich in sein Haus genommen, gespeist und ihm 
versichert, daß er für ihn und seine Mutter sorgen wolle. Dann hatte er ihn 
mit dem Baumeister, der das Steinlager untersuchen sollte, nach Solenhofen zu⸗ 
rückgehen lassen. 
Der Bischof hielt Wort. Nachdem Benedikt bei einem Meister Steinmetz 
in Eichstätt in der Lehre gewesen war, ließ er sich in Solenhofen nieder und 
hatte fortwährend so viele Bestellungen an Pflaster⸗ und Quadersteinen, daß es 
ihm und seiner Mutter nie mehr an dem täglichen Brot fehlte. 
Karl Stober. 
198. Die sieben Faulen. 
Als die Bremer Stephansstadt noch nicht gebaut war befanden sich in 
dortiger Gegend nur Kohlhöfe und Ackerland. Aber die Ländereien waren nur 
bon mittelmäßigem Ertrage; denn ein großer Teil bestand aus Sandboden, und 
die niedrig gelegenen Striche waren der UÜberschwemmung der Weser ausgesetzt. 
Da hielt sich denn, wenn auch der Fluß schon längst in seine Ufer zurück⸗ 
getreten war, das Wasser in den Niederungen bis tief in den Sommer hinein, 
und giftige Dünste, ausgebrütet von den heißen Sonnenstrahlen, verpesteten 
die Luft. 
Darum wurde die ganze Umgegend auch sehr wenig bewohnt, und nur 
die ärmeren Bürger welche hier ein Slück Land besaßen, und für die eine 
Wohnung in der eigentlichen Stadt zu teuer war, hatten sich hier angesiedelt. 
Va dielen, vielen Jahren nun wohnte daselbst ein Mann, welcher, nach 
der Grbße seines Grundbesitzes zu rechnen, sehr reich hätte sein müssen, der 
aber dennoch der ärmste war unter allen seinen Nachbarn. Denn seine Kohl⸗ 
stücke waren die dürrsten und sandigsten und das Grasland fast das ganze Jahr 
hindurch ein beständiger Sumpf, so daß er nur in sehr trockenen Jahren auf 
ne kleine Heuernte rechnen durfte. Deswegen hielt er auch keine Kuh sondern 
begnügte sich mit einer Ziege, obgleich die Milch derselben für seinen Hausstand 
bei weitem nicht zureichte. 
Es var sreilich bei ihm von Gesinde keine Rede; aber sein Hausstand 
war nichtsdestoweniger bedeutend zu nennen. Denn er hatte sieben Söhne, und 
ner war noch größer und stärker als der andre. Die schlenderten den ganzen 
Tag umher, schauten ins Wasser und sahen nach Wind und Wetter, und wenn 
sie am Mittag nach Hause kamen, hatten sie Hunger wie die Wölfe; denn nichts 
n der Velt schärft so sehr die Eßlust, als der Aufenthalt in freier Luft und 
am fließenden Wasser. 
Da saßen sie denn um den großen Eichentisch herum, die sieben Riesen, 
und war eine Lust zu schauen, wie es ihnen schmeckte. Nach dem Essen 
gingen sie ein Stündchen auf den Heuboden, legten sich der Reihe nach hin 
zum Schlafen und schnarchten, daß die Wände dröhnten, und wenn sie sich ge⸗ 
hörig wieder gestärkt fühlten, dann reckten und strecklen sie sich und gingen wieder 
iangfam nach dem Ufer, um den Fischern zuzusehen, wie sie Lachs und Stör 
fingen, und wie die Schiffe lustig stromauf und -ab segelten.
	        
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