Full text: Lesebuch für die Oberklassen der Volksschulen in Elsaß-Lothringen

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Meere das Gebirge Pisga mit dem Berge Nebo. Zwischen diesen 
zwei Gebirgsreihen fließen die Wasser des Jordans zusammen, der 
südwärts strömt und zuerst den trüben Schilfsee Merom, bald darauf 
aber das reizende Wasserbecken des Sees Tiberias (See Genezareth, 
Galiläisches Meer) bildet und endlich sich im Toten Meere verliert. 
Die Ufer des Jordans sind anmutig und üppig bewachsen, sein 
Wasser ist süß und frisch. 
Fruchtbarkeit ist nur noch in den durch die Flüsse oder Bäche 
erfrischten Niederungen zu suchen. Die Hochflächen sind entweder ganz 
ausgetrocknet oder bieten nur, nachdem die Regenzeit sie wieder hat 
ergrünen lassen, den Beduinen Weideplätze dar. Denn die Wälder 
sind hier ausgerottet, die Flüsse und Quellen versiegt, und jenes Land, 
wo einst Milch und Honig floß, wo die Trauben Kalebs reiften, und 
dessen Bevölkerung zur Zeit Salomos auf 2, Millionen sich belief, 
liegt jetzt zu einem großen Teil wüst und öde. Immerhin könnte eine 
tätige Bevölkerung an manchen günstig gelegenen Orten den alten 
Reichtum des Landes wieder zurückrufen. Da und dort sind auch wirklich 
noch Überbleibsel der alten Herrlichkeit vorhanden; noch immer bringen 
Dattelpalmen, Olbäume, Feigen- und Granatbäume ihre köstlichen 
Früchte, und Weizen und Hirse erreichen schon um Pfingsten ihre 
Reife. Das Klima ist äußerst mild und gesund. Man zählt zwei 
Hauptjahreszeiten: Sommer und Winter. Der Winter ist aber nur 
durch Regenfall ausgezeichnet; selten fällt Schnee, der zudem in der 
Ebene nie einen Tag alt wird. Der Sommer aber, von April bis 
September, ist meist regenlos, und ein tiefblauer, wolkenloser Himmel 
wölbt sich über der harten, ganz verbrannt aussehenden Erde. 
In Syrien und Palästina begegnen wir einem auffallenden Ge— 
misch von Volksstämmen und Religionen. Das herrschende Volk sind 
die mohammedanischen Türken; türkische Paschas üben als Statthalter 
des Sultans zu Konstantinopel nicht selten eine despotische Herrschaft 
aus. Zahlreicher sind die gleichfalls zum Islam sich bekennenden Araber. 
Im Libanon wohnen die Drusen und Maroniten in fast völliger Un— 
abhängigkeit, dem Sultan nur einen jährlichen Tribut zahlend. Jene 
haben eine aus christlichen, mohammedanischen und heidnischen Lehren 
gemischte Religion; diese sind Christen und erkennen den Papst zu 
Rom als geistliches Oberhaupt an. Hierzu kommen noch, über das 
ganze Land zerstreut, Christen und Juden. 
Die Städte, in denen vor bald 2000 Jahren sich ein so reiches 
und bedeutungsvolles Leben entfaltete, bieten jetzt meist einen ruinen— 
artigen Anblick dar. Die alten Beherrscherinnen des Meeres, die
	        
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