Full text: Lesebuch für die Oberklassen der Volksschulen in Elsaß-Lothringen

4.9 
E— 
12. Vom Lichte des Kienspans bis zum Lichte der 
Elektrizität. 
Seit undenklichen Zeiten waren zwei Dinge, der harzige Kien— 
span mit seinem armseligen und dürftigen Lichte und die rußige Ol⸗ 
und Tranlampe, die fast einzigen Beleuchtungsmittel der menschlichen 
Wohnungen. Fast möchte man fragen, wie es möglich war, mit ihnen 
so lange auszukommen. Von den verschiedenen Arten der Lampen hat 
in unsern Tagen eine, die Petroleumlampe, den Vorzug erlangt. Sie 
spendet uns, getränkt mit aus der Erde quellendem Ole, ein schönes, 
helles Licht, kann aber in der Hand eines unverständigen und unvor— 
sichtigen Menschen großen Schaden anrichten. 
In größeren Städten machte die Straßenbeleuchtung allmählich 
große Fortschritte. Ursprünglich dienten mit Pech gefüllte Gefäße 
und Pechfackeln zur Erhellung der Nacht und Wege. Alle Hauptstädte 
des großen Römerreiches hatten bereits Straßenlicht. Die Deutschen 
haben diese Annehmlichkeit lange entbehrt; wer in finsterer Nacht auf 
die Straße ging, war genötigt, die Laterne mitzunehmen. Endlich 
kam man doch auch bei uns darauf, durch Ollampen die Straßen zu 
erleuchten. In den Kirchen wurden früher bei gottesdienstlichen 
Handlungen Wachslichter angezündet. Talglichter erfand man erst 
im 13. Jahrhundert. 
Einen großartigen Umschwung erfuhren sowohl Zimmer- als 
Straßenbeleuchtung durch die Erfindung des Leuchtgases. Dieses 
Leuchtmittel, das Ende des 18. Jahrhunderts zuerst in England an— 
gewendet wurde, wird in sogenannten Gasanstalten durch Erhitzung 
bon Steinkohlen gewonnen. Heute finden wir in allen großen und 
kleinen Städten neben dem Petroleum das bequemere und billigere 
Gas als Leuchtstoff verwendet. Beide, Gas wie Petroleum, sind als 
explodierbare Körper oft schon die Ursache schrecklicher Brandunfälle 
geworden. Beim Gasgebrauche stellen sich noch andere Nachteile 
heraus. Bei der geringsten Schadhaftigkeit einer Gasleitungsröhre 
verbreitet sich ein unangenehmer Geruch, und vor allem wird bei 
Gasverbrennung der Luft viel Sauerstoff entzogen und eine beträcht— 
liche Wärme entwickelt, so daß in Räumen mit Gaslicht der Aufenthalt 
ungesund und lästig wird. 
Frei von allen Schattenseiten jener Leuchtstoffe ist dasjenige Licht, 
welches in neuester Zeit die Kraft der Elektrizität erzeugt. Das 
elektrische Licht entwickelt fast gar keine Wärme und entnimmt der 
umgebenden Luft keinen Sauerstoff zur Verbrennung, so daß es durch 
seine Verbrennung der Gesundheit nicht schädlich wird. Es verändert
	        
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