Full text: Lesebuch für die Oberklassen der katholischen Volksschulen Niedersachsens

Doch mit des Geschickes Mächten 
Ist kein ew'ger Bund zu flechten, 
Und das Unglück schreitet schnell. 
Wohl! nun kann der Guß beginnen, 
Schön gezacket ist der Bruch. 
Doch, bevor wir's lassen rinnen, 
Betet einen frommen Spruch! 
Stoßt den Zapfen aus! 
Gott bewahr' das Haus! 
Rauchend in des Henkels Bogen 
Schießt's mit feuerbraunen Wogen. 
Wohltätig ist des Feuers Macht, 
Wenn sie der Mensch bezähmt, bewacht, 
Und was er bildet, was er schafft, 
Das dankt er dieser Himmelskraft; 
Doch furchtbar wird die Himmelskraft, 
Wenn sie der Fessel sich entrafft, 
Einhertritt auf der eignen Spur, 
Die freie Tochter der Natur. 
Wehe, wenn sie losgelassen, 
Wachsend ohne Widerstand, 
Durch die volkbelebten Gassen 
Wälzt den ungeheuren Brand! 
Denn die Elemente hassen 
Das Gebild der Menschenhand. 
Aus der Wolke 
Quillt der Segen, 
Strömt der Regen; 
Aus der Wolke, ohne Wahl, 
Zuckt der Strahl. 
Hört ihr's wimmern hoch vom Turm? 
Das ist Sturm! 
Rot wie Blut 
Ist der Himmel; 
Das ist nicht des Tages Glut! 
Welch Getümmel 
Straßen auf! 
Dampf wallt auf! 
Flackernd steigt die Feuersäule, 
Durch der Straße lange Zeile 
Wächst es fort mit Windeseile; 
Kochend, wie aus Ofens Rachen, 
Glühn die Lüfte, Balken krachen 
Pfosten stürzen, Fenster klirren, 
Kinder jammern, Mütter irren, 
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—3— 
Tiere wimmern 
Unter Trümmern; 
Alles rennet, rettet, flüchtet, 
Taghell ist die Nacht gelichtet; 
Durch der Hände lange Kette 
Um die Wette 
Fliegt der Eimer; hoch im Bogen 
Spritzen Quellen Wasserwogen. 
Heulend kommt der Sturm geflogen, 
Der die Flamme brausend sucht; 
Prasselnd in die dürre Frucht 
Fällt sie, in des Speichers Räume, 
In der Sparren dürre Bäume, 
Und als wollte sie im Wehen 
Mit sich fort der Erde Wucht 
Reißen in gewalt'ger Flucht, 
Wächst sie in des Himmels Höhen 
Riesengroß! 
Hoffnungslos 
Weicht der Mensch der Götterstärke, 
Müßig sieht er seine Werke 
Und bewundernd untergehn. 
Leergebrannt 
Ist die Stätte, 
Wilder Stürme rauhes Bette. 
In den öden Fensterhöhlen 
Wohnt das Grauen, 
Und des Himmels Wolken schauen 
Hoch hinein. 
Einen Blick 
Nach dem Grabe 
Seiner Habe 
Sendet noch der Mensch zurück, 
Greift fröhlich dann zum Wanderstabe. 
Was Feuers Wut ihm auch geraubt, 
Ein süßer Trost ist ihm geblieben: 
Er zählt die Häupter seiner Lieben, 
Und sieh! ihm fehlt kein teures Haupt. 
In die Erd' ist's aufgenommen, 
Glücklich ist die Form gefüllt; 
Wird's auch schön zu Tage kommen, 
Daß es Fleiß und Kunst vergilt? 
Wenn der Guß mißlang? 
Wenn die Form zersprang?
	        
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