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Erden; je mehr wir uns ihr jedoch nähern, desto gewaltiger erscheint
ihre Größe.
Die eigentliche Masse der Sonne scheint aus einer ungeheuren Kugel
zu bestehen, deren Anziehungskraft sämtliche Planeten und Kometen des
Sonnensystems zwingt, ihre Umläufe um sie zu machen, und die in noch
nicht erklärter Weise CLicht und Wärme in sich erzeugt und leuchtend und
wärmend weit hinaus in den unendlichen Weltenraum wirkt.
Wunderbar ist die fortwährende, wallende Bewegung, die wir auf
ihrer Oberfläche beobachten können. Diese zeigt sich nämlich von dunklen
Punkten und feinen Linien, Sonnenflecken genannt, durchzogen, die wie
Schlacken auf geschmolzenem Metall herumschwimmen. Es entstehen und
vergehen diese Punkte und Cinien, als ob sie von der Tiefe nach der
Oberfläche strömten, um nach kurzer Zeit wieder in die tiefere Schicht des
Sonnenkörpers unterzutauchen. Es deutet dies auf ein Auf⸗ und Nieder⸗
strömen in der Sonnenatmosphäre hin. Stellen wir uns vor, daß in der
Tiefe ein höherer Grad der Wärme herrscht, so müssen luftförmige Massen,
die durch stärkere Erwärmung leichter werden, aufwärtssteigen. Diese
Massen werden an der Oberfläche, wo sie Wärme ausstrahlen, wieder
kälter und also auch schwerer. Dann tauchen sie wieder in die Tiefe nieder,
um wärmere und leichtere Massen aufsteigen zu lassen. An den Sonnen⸗
flecken hat man auch eine regelmäßige Umdrehung der Sonne um ihre
eigene Achse wahrgenommen; diese Umdrehung vollendet sich in 25 Tagen
und 6 Stunden. Die Flecke sind zuweilen so groß, daß man sie schon mit
einem guten Taschenfernrohr von der Erde aus sehen kann, sobald man
die Sonne durch den Nebel des Abend⸗ und Morgenhimmels beobachtet,
oder auch, wenn man die blendenden Sonnenstrahlen durch gefärbtes Glas
für das Auge unschädlich gemacht hat. Am passendsten sind die Sonnen⸗
flecke mit unseren Wolken zu vergleichen, die sich gleichfalls durch Ab⸗
kühlung aus dem Cuftmeere bilden. Die Schwungkraft der Umdrehung,
die am Aquator größer sein muß als an den Polen, und die ungleichmäßige
Abkühlung veranlassen auf der Sonne Strömungen, die unseren Winden
ähnlich sind, und diese Sonnenwinde jagen, zerteilen und sammeln die
Sonnenwolken in gleicher Weise, wie auf unserer kleinen Erde die Winde
mit den Wasserwolken ihr Spiel treiben.
Wir sind inzwischen bis auf 250 000 km an die Sonne herangekommen
und sehen nun so recht, wie groß sie ist. Sie verdeckt uns fast die Hälfte
des Himmels; allein die scheinbare Größe vermag uns über die Wirklich⸗
keit oft sehr zu täuschen. Was aber die wirkliche Größe der Sonne
anlangt, so finden wir, daß ihr Durchmesser fast 1400 000 ln und ihr Um⸗
fang 4400 000 km beträgt. Was diese Zahlen zu bedeuten haben, kann
man sich nur schwer vorstellen. Suchen wir sie einigermaßen zu versinn⸗
lichen! Wenn wir annnehmen, daß ein Eisenbahnzug 750 km den Tag
zurücklegt, so würde eine Reise durch die Sonne ihrer Achse entlang
5 Jahre, um die Sonne aber volle 16 Jahre dauern, während für die
Reise durch die Erde etwa 17 Tage, um die Erde 54 Tage erforderlich
wären. Noch mehr! Wollten wir eine Kugel bilden, der Sonne an Größe
»leich, so würden wir dazu über 1280 000 Kugeln nötig haben, deren