Full text: [Oberstufe, [Schülerband]] (Oberstufe, [Schülerband])

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399. Die Wiederaufrichtung des Deutschen Reiches. 
1. r noch im ern Frankreichs blutige Schlachten geschlagen 
wurden, reifte die köstlichste Frucht des gewalligen Kampfes vDas ge— 
meinsam vergossene Blut hatte die deutschen Stämme fester als je zu— 
sammengekittet. Die über alles Denken hinausgehenden Waffenerfolge 
weckten im deutschen Volke die Erinnerung an die alte Herrlichkeit des 
Deutschen Reiches und das Verlangen nach einem mi Kaiser als 
Schirmherrn und Führer aller deuütschen Stämme. Mder Spitze der 
deutschen Fürsten ünd Völker bat Bayerns junger König Ludwig den 
König Wilhelm, das alte Deutsche Reich wiederaufzurichten und die 
erbliche deussche Kaiserkrone anzunehmen. Es erfüllte sich, was König 
Friedrich Wilhelm IV. vorausgesagt hatte: die deussche Kaiserkrone wa 
auf dem Schlachtfelde errungen, und die einmütige Stimme aller deutschen 
Fürsten und Völker hob König Wilhelm auf den Schild. Dieser erkannte 
darin den Ruf Gottes und folgte ihm im Vertrauen auf seinen Segen. 
2. Zu Versailles, wo vor zwei Jahrhunderten Ludwig XIV. deutsche 
Zwietracht und Zerrissenheit Fußschemel französischer Größe gemacht 
hatte, ging die seierliche Handlung vor sich. Dort in Feindesland, auf 
dem stolzesten und gläuzendsten aller u eee in dem riesigen, von 
Gold, el las, Marmor und eitlen Ruhmesbildern starrenden Saale 
stand am 18. n 1871 mittags 12 Uhr vor einem einfachen Aare 
im schmucklosen, schwarzen Ornate ein evangelischer Geistlicher. Im 
Vordergrunde hatte König Wilhelm in einem zahlreichen fürstlichen Kreise 
Platz genommen. Zur Seite rauschten 56 Fahnen von allen deutschen 
Heeresabteilungen. Bis auf den lehten Plaß war der wene Raum n 
ß w von Ordenssternen und Ordensbändern bedeckten Uniformen 
t. Mit dem Gesange „Sei Lob und Ehr' dem höchsten Gut 
egann die Feier. Daun solgte die Pet über Psalm 21: „Du über⸗ 
schüttest ihn mit gutem Segen. Du etzest eine goldene Krone auf sein 
Haupt. Du ihn zum ern ewiglich; denn der König hofft auf 
den rn it dem gewaltig daherbrausenden „Nun danket alle Gon 
schloß die Feier. Jeht erhob sich der ruhmgekrönte Greis und ertlan⸗ 
in einfachen Worten, daß er, in dem Verlaͤngen der deutschen Fürsten 
und Völker Gottes Finger erkennend, die kaiserliche Wirde hiermit an⸗ 
nehme. Dann trat Graf Bismarck vor und verlaͤs mit lauter Stimme 
Kaiser Wilhelms Erlaß in welchem er dem deutschen Volke diesen welt— 
Schritt kundtat. „Se. Majestät der Kaiser Wilhelm lebe 
och!“ rief nach beendeter Vorlesung der Großherzog von Baden. Tausend— 
stinimig hallte der Ruf wider Tief erschüttert und tränenden Auges 
stand der greise Kaiser da, während die Fuͤrsten einer nach dem andern 
herzutraten um ihm en und a darzubringen. Auf der 
höchsten Zinne des önigsschlosses aber rauschte langsam und feierlich 
das neue deutsche Kaiserbanner empor. 
3. Die erwähnte Urkunde des Kaisers Wilhelm schließt mit folgenden 
Worten: „Wir übernehmen die Würde in der Hoffnung, daß 
dem deutschen Volke vergönnt sein werde, den Lohn seiner heißen und 
opfermutigen Kämpfe in dauerndem Frieden zu genießen. Uns aber und 
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