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kauft die von ihm hergestellten Eisenwaren oder Schuhe auf dem Markt
an die Bauern der Umgegend und kauft dafür Lebensmittel und Wolle
für die Kleidung ein. Der Städter des 18. Jahrhunderts hat schon
weitere Beziehungen, doch lebt und kleidet er sich noch immer von dem,
was sein Land hervorbringt. Zwar bringt der Handel schon seit den
ältesten Zeiten fremde Dinge ins Land, aber sie sind fast nur für die
Neichen, nicht für die große Masse der Bevölkerung. Wie anders heute!
Unsere Kleidung ist aus Leinwand, Baumwolle oder
Wolle. Die Baumwolle wächst bei uns gar nicht, und wir
führen jährlich allein aus der nordamerikanischen Union für 377
Millionen, aus anderen Ländern, besonders Ägypten und Indien,
noch für 100 Millionen rohe Baumwolle ein, um Hemden und
Anzüge daraus herzustellen. Auch den Flachs, aus dem die
Leinwand gemacht wird, baut man bei uns nur noch in geringem
Maße an; er stammt meist aus Rußland, kommt auf dem See¬
weg zu uns und hat jährlich einen Wert von 30 Millionen
Mark. Auch die Wolle des Rockes stammt aus der Fremde,
meist aus Australien, Argentinien und dem Kapland, denn die
heimische Schafzucht hat sehr abgenommen und dient in der
Hauptsache dazu, Fleisch zu gewinnen. Deutschland braucht
jährlich für 310 Millionen Mark Wolle; der fernste Osten und
der fernste Westen steuern bei, damit wir uns kleiden können.
Ebenso steht es mit unserer Nahrung. Zum Frühstück
essen wir eine Semmel und trinken eine Tasse Kaffee. Der
Weizen, aus dem die Semmel besteht, stammt meist aus der
Fremde, aus Argentinien, Nordamerika und Rußland; denn
Deutschland vermag jetzt wohl den ganzen Roggen hervor¬
zubringen, den es verbraucht, aber an Weizen führt es jährlich für
350 Millionen Mark ein. Der Kaffee ist ein tropisches Er¬
zeugnis und kommt meist aus Brasilien und Java; jährlich wird
für 160 Millionen des allgemein beliebten und kaum noch zu
entbehrenden Getränkes zu uns gebracht. Zum zweiten Frühstück
essen wir zu dem Roggenbrot zwei Eier; auch sie stammen
wahrscheinlich aus Österreich-Ungarn oder Rußland, denn wir
führen jährlich für 140 Millionen Mark ein, da Deutschland den
Bedarf an Eiern bei weitem nicht deckt. Der Reis, der uns zu
Mittag aufgetragen wird, stammt aus Ostindien; wir beziehen
davon jährlich fast für 100 Millionen. Der Hering zum Abend
ist ein Geschenk des Meeres, aber wir müssen jährlich noch für
27 Millionen von fremden Ländern einführen, da unsere See-
stscherei den Bedarf nicht deckt. Der Tee, den wir dazu trinken,
stammt aus China; das Petroleum, das die Lampe speist,
kommt aus Nordamerika, an das wir dafür 90 Millionen Mark
zahlen müssen.
So tragen alle Länder und Erdteile bei zu unserer