134 
kauft die von ihm hergestellten Eisenwaren oder Schuhe auf dem Markt 
an die Bauern der Umgegend und kauft dafür Lebensmittel und Wolle 
für die Kleidung ein. Der Städter des 18. Jahrhunderts hat schon 
weitere Beziehungen, doch lebt und kleidet er sich noch immer von dem, 
was sein Land hervorbringt. Zwar bringt der Handel schon seit den 
ältesten Zeiten fremde Dinge ins Land, aber sie sind fast nur für die 
Neichen, nicht für die große Masse der Bevölkerung. Wie anders heute! 
Unsere Kleidung ist aus Leinwand, Baumwolle oder 
Wolle. Die Baumwolle wächst bei uns gar nicht, und wir 
führen jährlich allein aus der nordamerikanischen Union für 377 
Millionen, aus anderen Ländern, besonders Ägypten und Indien, 
noch für 100 Millionen rohe Baumwolle ein, um Hemden und 
Anzüge daraus herzustellen. Auch den Flachs, aus dem die 
Leinwand gemacht wird, baut man bei uns nur noch in geringem 
Maße an; er stammt meist aus Rußland, kommt auf dem See¬ 
weg zu uns und hat jährlich einen Wert von 30 Millionen 
Mark. Auch die Wolle des Rockes stammt aus der Fremde, 
meist aus Australien, Argentinien und dem Kapland, denn die 
heimische Schafzucht hat sehr abgenommen und dient in der 
Hauptsache dazu, Fleisch zu gewinnen. Deutschland braucht 
jährlich für 310 Millionen Mark Wolle; der fernste Osten und 
der fernste Westen steuern bei, damit wir uns kleiden können. 
Ebenso steht es mit unserer Nahrung. Zum Frühstück 
essen wir eine Semmel und trinken eine Tasse Kaffee. Der 
Weizen, aus dem die Semmel besteht, stammt meist aus der 
Fremde, aus Argentinien, Nordamerika und Rußland; denn 
Deutschland vermag jetzt wohl den ganzen Roggen hervor¬ 
zubringen, den es verbraucht, aber an Weizen führt es jährlich für 
350 Millionen Mark ein. Der Kaffee ist ein tropisches Er¬ 
zeugnis und kommt meist aus Brasilien und Java; jährlich wird 
für 160 Millionen des allgemein beliebten und kaum noch zu 
entbehrenden Getränkes zu uns gebracht. Zum zweiten Frühstück 
essen wir zu dem Roggenbrot zwei Eier; auch sie stammen 
wahrscheinlich aus Österreich-Ungarn oder Rußland, denn wir 
führen jährlich für 140 Millionen Mark ein, da Deutschland den 
Bedarf an Eiern bei weitem nicht deckt. Der Reis, der uns zu 
Mittag aufgetragen wird, stammt aus Ostindien; wir beziehen 
davon jährlich fast für 100 Millionen. Der Hering zum Abend 
ist ein Geschenk des Meeres, aber wir müssen jährlich noch für 
27 Millionen von fremden Ländern einführen, da unsere See- 
stscherei den Bedarf nicht deckt. Der Tee, den wir dazu trinken, 
stammt aus China; das Petroleum, das die Lampe speist, 
kommt aus Nordamerika, an das wir dafür 90 Millionen Mark 
zahlen müssen. 
So tragen alle Länder und Erdteile bei zu unserer
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.