Full text: [Band 3, [Schülerband]] (Band 3, [Schülerband])

aus Tirol, dem Fichtelgebirge und dem Rheingau auf seine Kosten be¬ 
rufen hatte. Die Steinproben trugen ihnen ihre Gesellen in kleinen 
hölzernen Kästen nach und stellten sie nebeneinander auf eine lange Tafel. 
Darauf fanden sich nach und nach mehrere Grafen und Herren aus der 
Nachbarschaft ein, die schon reichlich zu dem Kirchenbau beigesteuert hatten 
und nun auch noch bei dem Pflaster ein übriges tun sollten. Endlich 
erschien auch der Fürstbischof mit seiner ganzen Geistlichkeit und seinen 
weltlichen Beamten hinter sich. Und als alle beisammen waren, schien 
es fast, als sollte eine Kirchenversammlung abgehalten werden, so viele 
waren ihrer. Der Bischof nahm nun die schöngeschliffenen Proben aus 
den Kästlein, eine nach der andern, und es war keine darunter, die ihm 
und seinem Gefolge nicht gefallen hätte. Auch waren zum Teil die 
kleinen Marmelsteine in den Schubladen so nebeneinander gelegt, weiße 
und schwarze, gelbe und graue, bunte und einfarbige, daß man schon im 
kleinen sehen konnte, wie herrlich schön ein Steinpflaster davon im 
großen ausfallen würde. Aber als die fremden Steinmetzen nacheinander 
sagten, was der Quadratfuß davon schon an Ort und Stelle koste, und 
als der Baumeister an den Fingern berechnete, wieviel Quadratfuß er 
brauchte, und als der Rentmeister die Gesamtsumme in Goldgülden aus¬ 
sprach, fuhr der Bischof mit der Hand hinter das Ohr, und sein Schatz¬ 
meister schüttelte mit dem Kopf, und die Grasen und Herren machten 
große Augen. Ja, ein Mönchlein, das noch nie mehr als einige Heller in 
dem Opferstock seines Klosters beisammen gesehen hatte, schlug im ersten 
Schrecken ein Kreuz. Alle standen und sahen einander schweigend an. 
In diesem Augenblick entstand unter dem Hauptportal der Kirche 
ein Geräusch. Zwei Trabanten des Fürstbischofs wollten einen barfüßigen 
Bauernknaben nicht hereinlassen und hielten ihre Hellebarden vor. Aber 
der Knabe duckte sich, schlüpfte darunter hinweg wie eine Henne unter 
der Gartentür und drängte sich dann ohne Umstände mitten durch die 
Versammlung, bis er vor dem Bischof stand, dem er den Saum seines 
Kleides küßte. Seine Mütze, an der nicht viel zu verkrüppeln war, nahm 
er zwischen die Knie, drei viereckige und zolldicke Schieserplatten, eine 
blaßgelbe, eine blaugraue und eine marmorierte, nahm er aus der Schürze, 
womit sie umwickelt waren, und legte sie auf die Tafel. Sie waren 
noch naß; denn er hatte sie erst in den Dombrunnen getaucht. Destomehr 
aber glänzten die geschliffenen Seiten und zeigten, wie schön die Steine 
erst dann werden würden, wenn eine kunstgeübte Hand darüber käme. 
Seine Ware zu empfehlen, meinte der Knabe, sei nicht nötig, sondern er 
schaute nur einem von den Umstehenden nach dem andern ins Gesicht 
und wischte sich mit der Schürze den Schweiß von der Stirne. Und als 
der Bischof anfing, ihn zu fragen, antwortete er munter und sprach: 
„Ich gehöre dem Sandweib von Solenhofen, und die Steine habe ich auf 
dem Berge hinter dem Kloster gemacht. Und wenn Ihr noch mehr
	        
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