Full text: Lesebuch für die Mittelstufe (Teil 3, [Schülerband])

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4. Bonifacius, der Apostel der Deutschen. 
8. Und es sang ein Chor von Männern: „Schlaf' in deinen Heldenehren! 
keines Römers schnöde Habsucht soll dir je das Grab versehren!" 
9. Sangen's, und die Lobgesänge tönten fort im Gotenheere; 
mälze sie, Busentowelle, wälze sie von Meer zu Meere! Platen. 
4. Bonifacius, der Apostel der Deutschen. 
"D^ie Goten und andere deutsche Stämme, welche durch ihre Wanderungen früh- 
JJ zeitig mit den Römern in Berührung kamen, waren dadurch bald zum Christen¬ 
tum bekehrt worden, aber die Bewohner des eigentlichen Deutschlands verharrten 
noch im achten Jahrhundert bei ihrem heidnischen Glauben. Freilich war Chlod¬ 
wig, der König der am Niederrhein wohnenden Franken, schon im Jahre 496 mit 
vielen Stammgenossen getauft worden, und er und seine christlichen Nachfolger hatten, 
namentlich durch die Tapferkeit Karl Martells, sich nicht nur das ganze Gallien, 
sondern auch die meisten deutschen Völker unterworfen, aber um die Ausbreitung 
des Christentums hatten sie sich nicht gekümmert, und so war der von Co l um - 
banus, Gallus und anderen frommen Mönchen in Deutschland ausgestreute 
Same nur spärlich aufgegangen. Erst dem glühenden Eifer und der aufopfernden 
Liebe des angelsächsischen Mönches Winfried oder Bonifacius gelang das 
segensreiche Werk, de>r größten Teil Deutschlands für das Christentum zu gewinnen. 
Winfried stammte aus einer vornehmen angelsächsischen Familie Englands. 
Früh zeichnete er sich durch geistige Anlagen und große Lernbegierde, aber auch 
durch wahre Frömmigkeit vor andern Knaben aus. Nachdem ihm sein Vater 
auf sein flehentliches Bitten gestattet hatte, sich dem geistlichen Stande zu widmen, 
verlebte er mehrere Jahre in einem Kloster und erhielt endlich die Priester¬ 
weihe. Sogleich ging er nach Deutschland (716), um hier das Evangelium zu 
verkündigen. Wohl wußte er, einen wie qualvollen Märtyrertod mehrere seiner 
Vorgänger erlitten hatten, aber in seinein heiligen Eifer kannte er keine Men¬ 
schenfurcht. Zuerst begab er sich an die Küsten der Nordsee, um seinen Lands¬ 
mann Willibrord in der Bekehrung der Friesen zu unterstützen; aber er 
überzeugte sich bald, daß die Zähigkeit, womit dieser Stamm noch am alten 
Glauben festhielt, ein mächtiges Hindernis für seine Thätigkeit sei, und so ging 
er als Glaubensbote nach Thüringen. 
Kaum aber hatte er hier zu wirken begonnen, als ihn die Nachricht von 
der Unterwerfung Frieslands durch Karl Martell wieder an die Nordsee rief. 
Hier verkündigte er drei Jahre lang das Evangelium, und zwar mit solchem 
Erfolge, daß Willibrord ihm die Bischofswürde erteilen wollte; er lehnte aber, 
weil er noch nicht das fünfzigste Jahr erreicht habe, diese Auszeichnung ab. Dann 
predigte er wieder den Hessen die Lehre vom Kreuze und gründete in ihrem 
Lande das erste deutsche Kloster. Da er aber schon frühzeitig das hohe Ziel 
vor Augen hatte, daß alle Völker auf Erden in brüderlicher Liebe sich ver¬ 
einigen und unter einem Hirten, dem Papste als Stellvertreter Gottes, stehen 
müßten, so war er eifrig bemüht, das Ansehen des römischen Bischofs als 
Oberhauptes der Christenheit zu heben, und reiste nach Rom, wo ihm die 
Bischofswürde und der Name Bonifacius (d. h. Wohlthäter) erteilt ward. 
Von dieser Zeit an trat er auch mit dein Verwalter des fränkischen Reiches, Karl 
Martell, und feinem Sohne, dem nachmaligen König Pipin dem Kleinen, in Ver¬ 
bindung, und diese unterstützten aus weltlichen Gründen seine Bekehrungsversuche.
	        
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