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Wer Nachbarm und Vettern die Hilfe vertraut,
Dem wird nur ein Schlob in die Lüfte gebaut;
Doch unter dem Streben der eigenen Hand
PErbluht ihm des Werkes vollendeter Stand.
Die Wachtel entfloh mit den Kleinen geschwind,
Und über die Stoppeln ging tags drauf der Wind.
37. Hilfe in der Uot.
(Von Bone.)
An einem nebligen Herbsttage saß ein armer Mann mit thränen⸗
feuchten Augen auf der Bank vor seinem kleinen Häuschen. Er hatte
bor Kummer die ganze Nacht nicht geschlafen; denn heute war der Tag,
an welchem er wegen einer kleinen Schuͤld, die er nicht bezahlen konnte,
gepfaͤndet werden sollte. Seine traurigen Blicke richteten sich gegen den
Himmel, und mit schwerem Herzen seufzte er: „O mein Gott, sende mir
doch Hilfe in dieser Not!“
da kam aus der nächsten Straße ein wunderhübsches Vögelein ge—
flogen. Scheu und ängstlich flog es einigemale hin und her und endlich
durch die offene Thüre in die Hütte des armen Mannes hinein. Dieser
bergaß für einen Augenblick seine bangen Gedanken, schloß schnell die
Thure zu und fing das Vogelchen ein. Er setzte es in einen alten Käfig,
d er noch aus der Jugendzeit besaß, und gaͤb ihm Wasser, worauf es
hald munter wurde und endlich gar zu singen anfing. Sein Gesang aber
flang dem armen Manne wie ein Trostlied vom Vertrauen auf Gott, und
er Hosllte eben wieder frischen Mut fassen; aber horch! — da klopft's!
Ach Gott!“ dachte der Mann, „das sind gewiß die Gerichtsdiener, die
bas Pfand, einen alten Kasten, holen wollen, welcher heut verkauft wer⸗
den foll.“ Zitternd öffnete er. Aber da war kein Gerichtsbote, sondern
der Diener einer vornehmen Frau, welcher fragte, ob nicht ein Sing⸗
vögelchen hereingeflogen sei. „Ja freilich,“ versetzte der redliche Mann, „es
hat mir durch seinen Gesang soeben recht viele Freude gemacht; aber wenn
es euch gehört, so nehmet es nur wieber mit.“ Der Diener nahm das
Vögelein und ging; bald aber kam er wieder zurück und sagte in freudi⸗
gem Tone: „Ihr habt meiner Herrschaft einen großen Dienst gethan; das
Vogelein, das bei Euch einkehrte, ist ihr von besonderem Werte. Sie
läßt Euch freundlich danken und bittet Euch, diese Kleinigkeit als Erkennt—
lichkeit von ihr anzunehmen.“ Zugleich gab er dem erstaunten Manne ein
zusammengewickeltes Papier und entfernte sich wieder so schnell als er
gekommen war. Das Geschenk aber, das er empfangen hatte, betrug ge—
dade so viel, daß er seine Schuld damit bezahlen konnte. Als nun die
Gerichtsboten kamen, um den gepfändeten Kasten abzuholen, gab er ihnen
das Geld und sprach; „Da habt ihr den Betrag meiner Schuld; mein
Gott hat mir geliehen. Ist die Not am größten, ist Gott am nächsten.“
38. Liebet eure Feinde!
(Von Sluhmer.)
In einem Walde des westlichen Rußlands lebte noch vor kurzer
Zeit ein wackerer Förster mit seinem jungen Weibe, zwei holden Kindern
und einigen uhe in glücklicher denn Auch zu ihnen
par indeffen schon die Kunde von der traurigen Verheerung gekommen,