Full text: Lesebuch für die Oberstufe (Teil 3, [Schülerband])

300 D. Aus der Erdkunde. 
heutigen Berlin. Der weiter oberhalb vielfach sumpfige Fluß wurde 
hier auf zwei schmale Rinnen eingeengt. Zwischen diesen lag 
eine trockene, mãbig hohe Insel und an ihren andern Ufern gleich- 
falls trockene, sandige Flächen. So war denn hier eine treffliche 
Obergangsstelle vorhanden. Auf der Insel entstand das wendische 
Fischerdorf Kölln, östlich daneben eine deutsche Niederlassung, 
Berlin. 
Nun hat aber jeder Flub geeignete Ubergangsstellen, ohne 
dab an ihnen gerade grobe Städte zu entstehen brauchen. Was 
den Spreeübergang Kölln—Berlin auszeichnete, war seine Lage 
genau in der Mitte des norddeutschen Tieflandes. Es ist von 
hier bis zur Ostsee so weit wie bis zum Berglande, bis zur Ems 
so weit wie bis zur Weichsel. Je mehr also Handel und Wandel 
in Deutschland aufblühten, desto mehr mubte dieser Punkt, der 
anfangs nur örtliche Bedeutung hatte, zu einem Knotenpunkte 
wichtiger Handelsstraben werden. Giehe z. B. Leipzig — Berlin — 
Stettin; Leipzig — Berlin —Danzig; Magdeburg —Berlin — Frank- 
furt a. O. Posen; Hamburg —Berlin -Breslau.) Die ersten An- 
siedler Kölln-Berlins hatten also einen Erdfleck gewählt, der viel 
günstiger war, als sie ahnen konnten. 
Aber zu einer Riesenstadt hätte das ursprüngliche Fischer- 
dorf allein als Strabenknoten nicht anwachsen können; dahin 
zu gelangen, war ihm nur als Residenzstadt, erst Brandenburgs, 
dann Preuhens, endlich Deutschlands, möglich. Schon der 
zweite Hohenzoller, Friedrich der Eiserne, erkannte, daß es für 
die Eroberung und Kolonisierung der wendischen Länder keinen 
geeigneteren Stützpunkt gäbe als Kölln-Berlin, und deshalb 
baute bereits er hier eine Burg. Damit war dem Orte, der 
übrigens schon damals als Stapelplatz Bedeutung hatte, eine 
glänzende Zukunft gesichert. Entsprechend dem Anwachsen 
des brandenburgischen Staates zum Königreich Preuben sehen 
wir seitdem auch Kölln-Berlin einen auberordentlichen Auf—- 
schwung nehmen. Durch den Dreibigjährigen Krieg wurde 
zwar die Einwohnerzahl auf 6000 herabgedrückt, stieg aber 
schon wieder unter der Regierung des Groben Kurfürsten durch 
Aufnahme flüchtiger Holländer, Franzosen usw. auf 20000. 
In dem darauf folgenden Jahrhundert (bis 1786, also bis zum 
Tode Friedrichs des Groben) versiebenfachte sich die Einwohner- 
zahl (160000), um sich in dem nächsten Jahrhundert zu ver— 
dreizehnfachen (1885: 1310000; 1900: etwa 2000000). Zurzeit 
beträgt die bebaute Fläche rund 8000 ha.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.