Gottfried Kinkel
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1. Ein geistlich Hbendlied.
1. Es ist so still geworden,
Verrauscht des Abends Weh'n,
Nun hört man allerorten
Der Engel Füße geh'n;
Rings in die Tale senket
Sich Finsternis mit Macht —
Wirf ab, Herz, was dich kränket
Und was dir bange macht!
2. Es ruht die Welt im Schwei-
Jhr Tosen ist vorbei, [gen,
Stumm ihrer Freude Reigen
Und stumm ihr Schmerzensschrei.
Hat Rosen sie geschenket,
Hat Dornen sie gebracht —
Wirf ab, Herz, was dich kränket
Und was dir bange macht!
3. Und hast du heut' gefehlet,
O schaue nicht zurück;
Empfinde dich beseelet
Von freier Gnade Glück!
Auch des Verirrten denket
Der Hirt auf hoher Wacht —
Wirs ab, Herz, was dich kränket
Und was dir bange macht!
4. Nun steh'n im Himmelskreise
Die Stern' in Majestät;
In gleichem festen Gleise
Der gold'ne Wagen geht.
Und gleich den Sternen lenket
Er deinen Pfad durch Nacht —
Wirf ab, Herz, was dich kränket
Und was dir bange macht!
2. Hbenditille.
1. Nun hat am klaren Frühlingstage
Das Leben reich sich ausgeblüht;
Gleich einer ausgeklungnen Sage
Im West das Abendrot verglüht.
Des Vogels Haupt ruht unterm Flügel,
Kein Rauschen tönt, kein Klang und Wort;
Der Landmann führt das Roß am Zügel,
Und alles ruht an seinem Ort.