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B. Brandenburgisch.Preußische Geschichte.
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gehört er dem Landsturm an, der nur in höchster Not zur Verteidigung des Vater-
landes aufgeboten wird.
Die Kriegsmarine des Reiches ist einheitlich und steht unter dem Oberbefehl des
Kaisers, der ihre Offiziere und Beamten ernennt, die ihm gleich den Mannschaften
den Eid der Treue leisten. Der Kieler Hafen und der Hafen im Jadebusen ^Wilhelms¬
haven] sind die Kriegshäfen des Reiches. In Danzig, Kiel und Wilhelmshaven bestehen
Marinewerften. Die Kauffahrteischiffe aller Bundesstaaten bilden eine einheitliche
Handelsmarine. Alle deutschen Kriegs- und Handelsschiffe führen eine schwarz-weiß-
rote Flagge. Das Oberkommando über die Marine führt ein vom Kaiser ernannter
kommandierender Admiral.
8. Die Jahre des Friedens.
a) Deutschland als Weltmacht. Nach dem Deutsch-Französischen Kriege
erlebte Kaiser Wilhelm I. trotz seines hohen Alters noch 17 Jahre des Friedens.
Sein treuer Ratgeber, der Reichskanzler Fürst Bismarck, wußte durch kluge
Verhandlungen jede Kriegsgefahr zu beseitigen. Es gelang ihm bald, Österreich
mit dem Deutschen Reiche auszusöhnen und zwischen Österreich und Rußland,
die wegen der Verhältnisse auf der Balkanhalbinfel lange Zeit uneinig gewesen
waren, einen Ausgleich herbeizuführen. Durch die Zusammenkunft der drei
Kaiser in Berlin wurde aller Welt bewiesen, daß Deutschland „seine Stellung im
Rate der Nationen wiedergewonnen hatte". Als nach dem Russisch-Türkischen
Kriege England gegen die Friedensbedingungen Einspruch erhob, brachte Bis¬
marck 1878 den Berliner Kongreß zustande und vermittelte einen Ausgleich
zwischen den europäischen Mächten. Da Rußland glaubte, es sei beim Berliner
Kongreß benachteiligt worden, fand fortan eine Annäherung zwischen Rußland
und Frankreich statt. Einern Angriff beider Mächte wußte Bismarck dadurch
vorzubeugen, daß er 1879 ein Bündnis mit Österreich schloß. Diesem Bunde
trat 1883 auch Italien bei. So entstand der „Dreibund", der sich als ein mäch¬
tiger Hort des Friedens erwies. Alle Versuche Frankreichs, Bundesgenossen
für einen Rachekrieg zu gewinnen, blieben ohne Erfolg.
Trotz des Dreibundes hat Deutschland stets am meisten auf seine eigene
Kraft gebaut. Durch das neue deutsche Wehrgefetz wurde die Kriegsmacht
zu Wasser und zu Lande stark vermehrt. Gute Ausrüstung und gründliche Aus¬
bildung für den Dienst in Krieg unb Frieben machten Heer unb Flotte sehr
gefürchtet. Die Festungen Metz unb Straßburg würben bebeutenb verstärkt.
Zur Sicherung ber Kriegsflotte fanb eine Erweiterung ber Kriegshäfen Kiel
unb Wilhelmshaven statt. Unter bem Schutze feiner Kriegsflotte bürste es
Deutschlanb wagen, 1884 feine erste Kolonie zu erwerben. Zuerst würbe Deuts ch-
Sübwestafrika, wo ein Bremer Kaufmann ausgedehnte Nieberkffungen er¬
worben hatte, unter beutfchen Schutz gestellt. Dann folgten bie Erwerbungen
von Togo, Kamerun, Deutsch-Ostafrika, Kaiser-Wilhelms-Lanb und einigen
kleineren Gebieten. 1884 entstaub auf Deutschland Anregung ber Weltpost¬
verein, burch bett es möglich geworben ist, Briefe unb anbre Postsachen für
billiges Porto nach allen Teilen der Erde zu senden.
b) Die innere Entwicklung des Deutschen Reiches. Um das neu¬
gegründete Reich zu festigen, wurden nach unb nach einheitliche Gesetze ge-