pe
und wurde nicht lange nachher genötigt, einen Zug nach Italien zu
unternehmen. Hier war der König Lothar gestorben, und Markgraf
Berengar, ein stolzer und habsüchtiger Mensch, trachtete danach, wie
er sich zum Könige machen könne. Böser noch als dieser war seine
Gemahlin. Lothar hatte eine kinderlose Witwe hinterlassen, welche Be—
rengar seinem Sohne wider ihren Willen vermählen wollte. Sie hieß
Adelheid und war wegen ihrer Tugend und Schönheit in allen
Landen berühmt. Nach Lothars Tode raubten Berengar und sein
Weib den königlichen Schatz, ergriffen Adelheid und warfen sie in
einen dunkeln und tiefen Kerker. Nur eine einzige Dienerin wurde
ihr von dem ganzen Gefolge belassen. Berengars Gemahlin riß mit
eigener Hand der edeln Adelheid die königlichen Kleider vom Leibe,
raufte das schöne, lange Haar derselben und schlug sie wund und
blutig. Berengar hatte sich öffentlich die Krone * und
sich den Titel eines Königs von Italien beigelegt. Gott erhoöͤrte die
Bitten der mißhandelten Königin und schickte ihr einen Retter. Ein
frommer Bischof sendete einen Priester, Namens Martin, in den
Kerker, ihr Trost und Hülfe zu bringen. Dieser rettete Adelheid mit
List aus dem Gefängnisse. Er grub ein Loch in die Erde, durchbrach
die Mauer und führte nach langer, gefährlicher Arbeit die Königin
und ihre Dienerin in das Freie. Unbemerkt gelangten die drei Flüchtlinge
aus der Nähe des Schlosses in das Land hinein. An einem mit
Schilf und Weidengebüsch bewachsenen See fanden sie eine Zufluchts-
stätte. Der fromme Priester war zu seinem Bischof geeilt, um dessen
bewaffnete Mannen zum Schutze der Königin zu holen. Ein mitleidiger
Fischer nahm sich unterdessen der schwachen Frauen an, gab ihnen
Speise und Trank und zündete ein Feuer an; dann flohen sie weiter.
Berengar hatte wohl von der Flucht Adelheids gehört und die Hörner
blasen lassen; aber die Reiter und Fußknechte fanden Adelheid nicht,
obwohl sie dicht bei ihr waren. Martin kehrte bald mit den Mannen
seines Bischofs zurück und geleitete Adelheid sicher nach dem festen
Schlosse Canossa.
Otto J. hatte von allen Freveln Berengars und seiner Gemahlin
Nachricht bekommen, und er beschloß, der verfolgten Königin Rettung
zu bringen. Er zog mit einem großen Heere über die Alpen und
nahm die festen Burgen ein; auch Pavia, die Hauptstadt, fiel in seine
Hand. Berengar wagte keinen Widerstand; denn die Großen verließen
ihn, und das Volk haßte ihn wegen seiner Grausamkeit und Habgier.
Adelheid wurde Ottos Gemahlin, und von nun an nannte sich Otto
König der Longobarden und der Franken“.