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Sudrußland hat ein warmes Klima; hier gedeihen Granaten, Feigen,
Lastanien, Ol- und Cypressenbäume, und die fruchtbaren Felder ge—
währen reiche Weizenernten. Das meiste Land aber ist einförmiges
Steppenland. Das Auge sieht weite, unermeßliche Grasfelder, auf
denen zur Sommerszeit große Herden von Rindern und fettschwänzigen
Schafen weiden und wilde Pferde sich tummeln. Sobald es hier regnet,
wird der Boden so grundlos, daß man nicht von der Stelle kommen
kann; denn gute Kunststraßen fehlen.
Die Russen gehören zum slavischen Volksstamme und bekennen
sich zur griechischen Kirche. Der Kaiser wird Zar genannt.
Die Hauptstadt Rußlands ist Petersburg. Sie liegt an der
Newa, hat schnurgerade Straßen, prächtige Paläste und herrliche
Kirchen. Die alte Hauptstadt des Reiches, das vieltürmige Moskau,
liegt mitten im Lande. Die wichtigste Handelsstadt im Norden Ruß—
lands ist das in der Nähe der Ostsee gelegene Riga. Die Haupt—
stadt des ehemaligen polnischen Reiches, soweit es zu Rußland ge—
hört, ist Warschau an der Weichsel. Am Schwarzen Meere liegt die
große Handelsstadt Odessa.
10. Das Eismeer.
Das Eismeer gewährt einen furchtbar erhabenen Anblick und
igt recht deutlich die Allmacht Gottes. Da schwimmen meilengroße
Inseln und turmhohe Berge von Eis, die im Wiederschein der Sonne
strahlen und blitzen. Kommt man zu dieser gefrorenen Welt, so wird
hre Nähe schon auf einige Meilen durch einen weißen Glanz, der
sich am Saume des Himmels ausbreitet, angekündigt. Bald flattern
auch Scharen schneeweißer Sturm- oder Eisvögel umher, die Vorboten
des Eises. Jetzt ist man auf allen Seiten von ungeheuern Schollen
umgeben. Weiterhin sieht man wandernde Felder, wogende Inseln und
Felfen von Eis. Eisfelder von einer mehr als dreißig Meier über
dem Wasserspiegel aufgetürmten Höhe sind keine ungewöhnliche Er—
scheinung. Die kleinsten Eisstücke, die tiefer im Wasser gehen, als
sie über demselben sichtbar sind, ragen noch über die größten
Schiffe empor. Stoßen die schwimmenden Schollen an einander, so
eutsteht ein starkes Getöse, und manche zerfallen in Trümmer. Die
übgelösten Spitzen der Eisberge rollen und fallen ins Meer, und
ises gerät daburch in eine so heflige Bewegung daß die mãchtigen
Vellen in einer beträchtlichen Entfernung Kähne umstürzen und selbst
die größten Schiffe in der Nähe bedrohen. Das Meer untergräbt
durch seine Wogen den Fuß solcher Berge und höhlt ihre Grundlagen