Zweile Abtheilung.
4. Deutscher Lebensspiegel.
1. Deutsche Treue.
Uns Deutsche hat keine Tugend so hoch gerühmt, und wie ich
slaube, bisher so erhalten, als daß man uns für treue, wahrhaftige,
heständige Leute gehaälten hat, die da haben ja ja, nein nein lassen
Lin, wie dessen viel Historien und Bücher Zeugen sind. Noch haben
bir ein Fünklein (Gott woll es uns erhalten!) von derselben alten
Tugend, nämlich, daß wir uns dennoch ein wenig schämen, ungerne
Lügner heißen, nicht dazu lachen wie die Welschen und Griechen.
Und obwohl die welsche und griechische Unart einreißt, so ist gleich⸗
vohl noch das übrig bei uns, daß kein ernster, gräulicher Scheltwort
emand reden oder hören kann, denn so er einen Lügner schilt oder
sescholten wird. Und mich dünkt, daß kein schädlicher Laster auf
Erden sei, denn lügen und Untreue beweisen; welches alle Gemein—
chaft der Menschen zertrennt. Denn lügen und Untreu trennt erstlich
die Herzen; wenn die Herzen getrennt sind, so gehen die Hände auch
bon einander; wenn aber die Hände von einander sind, was kann
ian da thun oder schaffen? Wo Kaufleute einander nicht Glauben halten,
a fällt der Markt zu Grund. Wenn Bürgermeister, Fürst, König die
e nicht hält, da muß die Stadt verderben, Land und Leute unter—
en.
utbe
2. Aus der Jugendzeit.
1. Aus der Jugendzeit, aus der Jugendzeit
klingt ein Lied mir immerdar;
o wie liegt so weit, o wie liegt so weit,
was mein einst war!
2. Was die Schwalbe sang, was die Schwalbe sang
die den Herbst und den Frühling bringt;
ob das VJorf entlang, ob das Dorf entlang
das jetzt noch klingt?
Disches Cesebuch. Ober⸗Siuse. II. Abthetilung.