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und pries Heinrich als Erretter des Vaterlandes, und durch alle Lande
verbreitete sich der Ruf von seiner Tugend und Tapferkeit.
Kurz vor seinem Tode berief Heinkich alle geistlichen und weltlichen
Fürsten Deutschlands zu einer großen Reichsversammlung nach Erfurt,
wo sein Sohn Otto zum einstigen Nachfolger bestimmt wurde. Als der
König sich hierauf nach seiner Pfalz Memleben an der Unstrut begab,
starb er 936 im 17. Jahre seiner zwar mühevollen, aber reichgesegneten
Regierung. In der Abtei Quedlinburg ließen die Söhne den Leichnam
ihres Vaters feierlich bestatten.
8. Otto J., der Große.
Otto wurde 936 von dem Erzbischofe von Mainz zu Aachen feierlich
gekrönt. Auch seine Regierung wurde durch Kümpfe mit verschiedenen
Völkern beunruhigt. Er siegte gegen die Slaven und Dänen, und wurde
nicht lange nachher genöthigt, einen Zug nach JItalien zu unternehmen.
Hier war der König Lothar gestorben, und Markgraf Berengar, ein
stolzer und habsüchtiger Mensch, trachtete darnach, wie er sich zum Könige
machen könne. Böser noch, als dieser, war seine Gemahlin. Lothar hatte
eine kinderlose Wittwe hinterlassen, welche Berengar seinem Sohne wider
ihren Willen vermählen wollte. Sie hieß Adelheid und war wegen
ihrer Tugend und Schönheit in allen Landen berühmt. Nach Lothars
Tode raubten Berengar und sein Weib den köni lichen Schatz, ergriffen
Adelheid und warfen sie in einen dunkeln und 3 Kerker. Nur eine
einzige Dienerin wurde ihr von dem ganzen Gefolge belassen. Berengars
Gemahlin riß mit eigener Hand der edlen Adelheid die königlichen Kleider
vom Leibe, raufte das schöne, lange Haar derselben und schlug sie wund
und blutig. Berengar hatte sich öffentlich die Krone aufsetzen lassen und
sich den Titel eines Königs von Italien beigelegt. Gott erhörte die Bitten
der gemißhandelten Königin und schickte ihr einen Retter. Ein frommer
Bischof sendete einen Priester, Namens Martin, in den Kerker, ihr Trost
und Hülfe zu bringen. Dieser rettete Adelheid mit List aus dem Gefäng⸗
niß. Er grub ein Loch in die Erde, durchbrach die Mauer und führte
uach langer, gefährlicher Arbeit die Königin und ihre Dienerin in das
Freie. Unbemerkt gelangten die drei Flüchtlinge aus det Nähe des Schlosses
in das Land hinein. An einem mit Schilf und Weidengebüsch bewachsenen
See fanden sie eine Zufluchtsstätte. Der fromme Priester war zu seinem
Bischof geeilt, um dessen bewaffnete Mannen zum Schutze der Königin zu
holen. Ein mitleidiger Fischer nahm sich unterdessen der schwachen Frauen
an, gab ihnen Speise und Trank und zündete ein Feuer an; dann flohen
sie weiter. Berengar hatte wohl von der Flucht Adelheids gehört und die
Hörner blasen lassen; aber die Reiter und Fußknechte fanden Adelheid
nicht, obwohl sie dicht bei ihr waren. Martin kehrte bald mit den Mannen
seines Bischofs zurück und geleitete Adelheid sicher nach dem festen Schlosse
Canossa.