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Hier eröffnet sich ein neues Schauspiel. Eine Menge von
Arbeitern schafft die Heringe aus den Schiffen ans Land und
unter die Durchgänge der Häuser. Von Tonnen umringt, sitzen
hier wieder viele Leute, besonders Frauen, die mit dem Messer
in der Hand das Werk des Auskehlens verrichten, d. h. sie
schneiden dem Fische die Kehle auf und entfernen mit einem
geschickten Zuge Gedärm und Eingeweide. Nun packt man die
Fische lagenweise und dicht aneinander gepreßt in Tonnen, deren
Boden mit Salz bestreut ist, und begießt sie so mit Salzlake,
daß jeder Fisch davon benetzt wird. Nachdem der Böttcher die
Tonnen verschlossen hat, sind sie zur Ausfuͤhr fertig.
Ein besonders glückliches Ereignis ist es für die norwegischen
Fischer, wenn ein Heringszug, von Walfischen gejagt oder von
der Meeresströmung getrieben, in eine der engen Buͤchten gerät,
wie es deren an der dortigen Küste so viele gibt. Dann wird
die Bucht alsbald durch besondere große Nete abgesperrt; die
Heringe sind alle gefangen, und die Bucht kann mit Gemächlichkeit
unsuen werden.
er Hering der Ostsee ist der kleinste und schwächste, der
von der holländischen und englischen Küste schon größer, während
der von den Shetlands-Inseln und von der norwegischen Küste
der größte und fetteste ist. Viele Heringe werden auch geräuchert
und kommen als sogenannte Bücklinge in den Handel. Man
die Zahl der Heringe, die jährlich an den europäischen
Küsten gefangen werden, auf zehntausend Millionen. Für eine
Menge der Küstenbewohner ist er deshalb eine Quelle des Wohl—
standes. Er bildet eine gesunde Speise, die von reich und arm
gern gegessen wird, und ist besonders für die ärmeren Leute ein
billiger Ersatz des Fleisches geworden.
Nach A. E. Brehm.
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56.
Das Renuntier.
Das Renntier erreicht die Gröbe eines starken Hirsches
und fieht im Sommer braun, im Winter weibgrau aus. Es
bewolnt nur den hohen Norden und ist zum Aufenthalt in
jenen kalten Gegenden vorzüglich geeignet. Die Hufe leiner
Pübe find sehr breit, so dah es mit Leichtigkeit im Sommoer
über die zahlreichen Moräste, im Winter über die weiten
Schneeflächen hinwegeilen und auch geschiekt an den Gletsehern
hinaufklettern kann. Es ist sehr genüglam, denn leine
Nahrung besteht hauptsächlich aus der üenntierflechte, die
in den nordischen Ländern überall vächst und die es im
Winter mit den Vorderfüben unter dem Schnee hervorscharrt.