An Lorenz Hackbreter im Kesselwald. Demselben diene zur Kenntnis,
daß von nun ab forstwirtschaftlicher Rücksichten wegen das Pechschaben nicht
mehr gestattet ist. Dawiderhandelnde verfallen der Strenge des Gesetzes.
Der Oberförster,
im Auftrage des Herrn von Gallheim, Gutsbesitzers
So hatte das junge Weib gelesen. „Nun?“ sagte der Lenz, „und sonst nichts
mehr? Der paar Worte wegen das sündhaft viele Papier?“ Er steckte die
Hände in die Hosentaschen, ging in den Wald und brummte. „Nicht mehr
gestattet! Forstwirtschafllicher Rücksicheen wegen, oder wie das Zeug heißt!
Nun ja, die Sache muß einen Namen haben! Allzeit hab' ich acht gegeben auf
den Stamm; dieser schöne Wald, wie er heute dasteht, unter der Pechschabe ist
er aufgewachsen. Und jetzt auf einmal ist's ein Verderben. Was heb' ich jetzt an!“
Gelernt hat er nichts. Wurzeln- und Kräutergraben ist noch das einzige;
aber wenn er des Abends heimkehrt von seinen gefährlichen Gängen und
Klettereien in den Felswänden, ist er trotzig und launisch, und unwirsch slößt
er sein Kind, das herzige Magdale, von sich, wenn es, wie sonst, zu ihm heran⸗
kommt und in süßer Kindlichkeit fragt, was das Reh mache n n im̃ Walde
Das Reh draußen im Walde? Das bringt den Lenz auf neue Gedanken.
Und eines Tages nimmt er den alten Kugelstutzen aus dem modernden Schranke
hervor, schleicht damit hinaus, stellt sich an, und siehe, harmlos kommt ein
prachtvoller Hirsch mit hohem Geweih herangeschritten. Der Mann fährt mit
dem Gewehr zur Wange, — da sieht er in den Schaft eingegraben das Herz,
aus dem ein Kreuz wächst. Das ist das liebe, traute, alte Zeichen, welches sein
Vater so gern in Stab und Stiel seiner Werkzeuge eingegraben hatte. Ein
Kreuz — der Vater ist auch blutarm gewesen, ein Herz — er ist ehrlich geblieben.
Das Gewehr entsinkt der Hand des Mannes, und der Hirsch läuft fünk über
die Matte hin. Ein Herz und ein Kreuz! Er hat Weib und Kind und wird
sie mit Kräuter- und Wurzelngraben in Gottes Namen ernähren.
Was geschah? Die Hirten thaten sich zusammen und verklagten den
Wurzelstecher, daß er den Grasboden verwüste. So wurde ihm auch dieses
untersagt, und er ging verloren in den Wäldern umher und wußte nicht, was
zu beginnen.
Ihr fragt, ob ihm nicht doch der liebe Gott begegnet sei mit einem guten
Gedanken? Was helfen gute Gedanken dem, der sie nicht ausführen kann!
Wohl aber ein anderer Geist traf ihn bisweilen an, der flüsterte: „Lenz, bist ein
Mensch, hast ein Recht an die Welt, hast die Pflicht der Erhaltung gegen die
Deinen, aber keine gegen Gallheim, keine gegen die reichen Bauernhöfe draußen,
keine gegen den Wanderer, der durch den Wald zieht“ „Hinweg!“ rief der
Mann in solchen Augenblicken und schlug mit der Faust in die Luft hinein, „ein
ehrlicher Mann will ich bleiben. Das will ich sehen, ob ich's nicht durchsehel“
Magdale gedieh. Sie war nun sieben Jahre alt, war fleißig und brav,
und als Weihnacht herankam, hoffte sie auf eine gütige Gabe vom Christkind,
er und Mutter aber lächelten bitter. Das Christkind kommt nicht immer zu
den braven, es kommt lieber zu den reichen Leuten. Der Lenz hatte an Lem
un draußen beim Klausenwirt wohl eine Semmel und etliche Üpfel erstanden
damit die Ehre des heiligen Christ zu retten. Aber auch ein Tannenbäumchen
soll dazu sein und Lichtlein dran. So war's früher stets gewesen, und so
wurde es von dem geliebten Kindesherzen erwartet.
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