Full text: [Teil 2 = 7. und 8. Schuljahr, [Schülerband]] (Teil 2 = 7. und 8. Schuljahr, [Schülerband])

An Lorenz Hackbreter im Kesselwald. Demselben diene zur Kenntnis, 
daß von nun ab forstwirtschaftlicher Rücksichten wegen das Pechschaben nicht 
mehr gestattet ist. Dawiderhandelnde verfallen der Strenge des Gesetzes. 
Der Oberförster, 
im Auftrage des Herrn von Gallheim, Gutsbesitzers 
So hatte das junge Weib gelesen. „Nun?“ sagte der Lenz, „und sonst nichts 
mehr? Der paar Worte wegen das sündhaft viele Papier?“ Er steckte die 
Hände in die Hosentaschen, ging in den Wald und brummte. „Nicht mehr 
gestattet! Forstwirtschafllicher Rücksicheen wegen, oder wie das Zeug heißt! 
Nun ja, die Sache muß einen Namen haben! Allzeit hab' ich acht gegeben auf 
den Stamm; dieser schöne Wald, wie er heute dasteht, unter der Pechschabe ist 
er aufgewachsen. Und jetzt auf einmal ist's ein Verderben. Was heb' ich jetzt an!“ 
Gelernt hat er nichts. Wurzeln- und Kräutergraben ist noch das einzige; 
aber wenn er des Abends heimkehrt von seinen gefährlichen Gängen und 
Klettereien in den Felswänden, ist er trotzig und launisch, und unwirsch slößt 
er sein Kind, das herzige Magdale, von sich, wenn es, wie sonst, zu ihm heran⸗ 
kommt und in süßer Kindlichkeit fragt, was das Reh mache n n im̃ Walde 
Das Reh draußen im Walde? Das bringt den Lenz auf neue Gedanken. 
Und eines Tages nimmt er den alten Kugelstutzen aus dem modernden Schranke 
hervor, schleicht damit hinaus, stellt sich an, und siehe, harmlos kommt ein 
prachtvoller Hirsch mit hohem Geweih herangeschritten. Der Mann fährt mit 
dem Gewehr zur Wange, — da sieht er in den Schaft eingegraben das Herz, 
aus dem ein Kreuz wächst. Das ist das liebe, traute, alte Zeichen, welches sein 
Vater so gern in Stab und Stiel seiner Werkzeuge eingegraben hatte. Ein 
Kreuz — der Vater ist auch blutarm gewesen, ein Herz — er ist ehrlich geblieben. 
Das Gewehr entsinkt der Hand des Mannes, und der Hirsch läuft fünk über 
die Matte hin. Ein Herz und ein Kreuz! Er hat Weib und Kind und wird 
sie mit Kräuter- und Wurzelngraben in Gottes Namen ernähren. 
Was geschah? Die Hirten thaten sich zusammen und verklagten den 
Wurzelstecher, daß er den Grasboden verwüste. So wurde ihm auch dieses 
untersagt, und er ging verloren in den Wäldern umher und wußte nicht, was 
zu beginnen. 
Ihr fragt, ob ihm nicht doch der liebe Gott begegnet sei mit einem guten 
Gedanken? Was helfen gute Gedanken dem, der sie nicht ausführen kann! 
Wohl aber ein anderer Geist traf ihn bisweilen an, der flüsterte: „Lenz, bist ein 
Mensch, hast ein Recht an die Welt, hast die Pflicht der Erhaltung gegen die 
Deinen, aber keine gegen Gallheim, keine gegen die reichen Bauernhöfe draußen, 
keine gegen den Wanderer, der durch den Wald zieht“ „Hinweg!“ rief der 
Mann in solchen Augenblicken und schlug mit der Faust in die Luft hinein, „ein 
ehrlicher Mann will ich bleiben. Das will ich sehen, ob ich's nicht durchsehel“ 
Magdale gedieh. Sie war nun sieben Jahre alt, war fleißig und brav, 
und als Weihnacht herankam, hoffte sie auf eine gütige Gabe vom Christkind, 
er und Mutter aber lächelten bitter. Das Christkind kommt nicht immer zu 
den braven, es kommt lieber zu den reichen Leuten. Der Lenz hatte an Lem 
un draußen beim Klausenwirt wohl eine Semmel und etliche Üpfel erstanden 
damit die Ehre des heiligen Christ zu retten. Aber auch ein Tannenbäumchen 
soll dazu sein und Lichtlein dran. So war's früher stets gewesen, und so 
wurde es von dem geliebten Kindesherzen erwartet. 
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