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Bau des Gebisses. Wie bei allen Fleischfressern, befinden sich in den
Kiefern oben und unten sechs scharfe Schneidezähne, neben ihnen starke
Eckzähne und neben diesen, wie es den Katzen eigentümlich ist, oben vier
und unten drei Backenzähne. Während dagegen den meisten Katzen ein
senkrechter, länglichrunder Augenstern zukommt, zeichnet sich der Löwe
durch eine runde Pupille aus und teilt dieses Merkmal mit andern
größeren Katzen, z. B. mit Tiger und Leopard. Ein kurzer Kopf mit
kurzer, abgerundeter Schnauze, aufrechten, spitzen Ohren und bärtiger
Lippe vollendet das Bild des Katzengeschlechtes.
Dabei ist der männliche Löwe der Ausdruck der größten Kraft
und Leichtigkeit. Diese verleihen ihm seine weichen Sohlen und die
Biegsamkeit seiner Gelenke, jene der ganze Bau seines Körpers. Der
große, ebenmäßige Kopf mit reicher Mähne, die ihn vom Hinterhaupte
bis zur Schulter umwallt, die breite, behaarte Brust voll Muskelkraft,
der glatte, zierliche Hinterleib, die muskulösen Beine und der stolz ge—
schwungene Schwanz mit großer Haarquaste, das furchtbar glühende
Auge, welches, der Kraft des Leibes sich bewußt, den Gegner ruhig
überschaut, — alles gibt ihm das Gepräge des Reckenhaften und
Edeln, obschon sein inneres Wesen immer das der Katze bleibt. Ihm
gegenüber ist die Löwin im Nachteil. Die Mähne, das Zeichen der
Kraft, fehlt ihr: dagegen treten die kurzen, spitzen Ohren um so katzen—
artiger an dem nackten Kopfe hervor. Der ganze Vorderkörper büßt
hierdurch das schöne und stattliche Ansehen ein; die Brust verläuft
schmaler in den Hinterkörper, der ganze Leib ist schlanker, schwächlicher,
um ein volles Drittel kleiner.
So ist das Äußere dessen, den man den Wüstenkönig nennt. In
der Tat ist die Wüste sein Reich, aber nicht das weite Sandmeer
derselben, sondern ihre Oasen, Täler, Hügel und Büsche sind seine
Wohnstätten. Wo das Thermometer nicht unter — 10 herabsinkt, da
gedeiht der Löwe am besten. Darum ist Afrika, besonders Tripolis,
seine eigentliche Heimat. Die waldreichsten Schluchten sind hier seine
Lieblingsorte; denn er liebt es, am Tage zu schlafen und des Nachts
zu jagen. Auch hieran erkennen wir die Katze wieder, und der schlafende
Löwe gleicht seiner schlichten Verwandten völlig.
Ein Kenner des Löwen und seiner Geschichte veranschlagt die
Kosten für seinen Unterhalt nach dem Preise des den Viehherden zu—
gefügten Schadens auf jährlich 4500 Mark. Mithin würde jeder
Löwe, dessen Alter sich durchschnittlich auf 30 bis 40 Jahre beläuft,
in 30 Jahren dem Lande 135000 Mark gekostet haben. Man muß
gestehen, daß der Wüstenkönig einen fürstlichen Tisch führt. Freilich
Leseb. f. lath. Oberll.
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