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dicht am andern; unter den Brücken fährt man durch, zwischen Gon—
deln, Schiffen, Barken fährt man wie auf einem Pfeile hin, daß im
größten Gedränge die eine Gondel die andere kaum berührt. In
manchen ziemlich engen Kanälen gehen drei Gondeln nebeneinander so
schnell vorbei, als wenn man aneinander vorüberflöge. Die Damen
sitzen mit ihren Herren darin, und sie haben es zehnmal bequemer, als
wenn sie in den Kutschen gerüttelt würden. In Venedig sind keine
Kutschen. Alles wiegt sich in Gondeln, was nicht über die Brückentreppe
auf und ab laufen will. Es ist eine sonderbare Stadt, die gleichsam
aus dem Meere emporsteigt, voll Gedränges von Menschen, voll Fleiß
und Betrügerei. Es ist mir lieb, daß ich sie gesehen habe. Morgen
geht's nach Padua, auch zu Wasser, dann weiterhin zu Lande und
endlich zweimal über die Berge, bis ich bei Euch bin und Euch
wiedersehe.
Lebt wohl, Ihr Lieben, lebt wohl! Ich sehe Euch bald; bchaltet
mich lieb, wie ich Euch liebhabe. Gebt alle sechs der Mutter einen
Kuß in meinem Namen und seid hübsch artig und gehorsam! Lebt
wohl, Ihr Lieben! Johann Gottfried von Herder.
220. Ein Präriebrand.
1. Der liebliche Spätherbst hatte eine Anzahl Reisender eingeladen,
in der Prärie von den Pferden zu steigen und bei einem Mittagsmahle,
aus einem köstlichen Büffelrücken bestehend, einige Stunden behaglicher
Ruhe zu pflegen. Die Natur selbst scheint eine Feierstunde zu halten.
Üüber das unermeßliche, goldene Meer der gelb gewordenen Präriegräser
und Blumen streift ein kaum merklicher Westwind, und das gegenseitige
Neigen der Stengel scheint ein vertrauliches Gekose derselben zu be—
wirken. Die ganze unermeßliche Prärie liegt schweigend, als ob sie
raste oder Mittagsruhe halte, während das majestätische Gestirn des
Himmels, bereits den Scheitelpunkt seines Laufes hinter sich, nach dem
Westen sich neigt. Gemütlich plauderten die Jäger oder Reisenden von
der Jagd auf den Prärien und den Gefahren, die sie bestanden. Sieh,
da werden ihre Pferde auf einmal unruhig, toll und suchen mit aller
Gewalt sich loszureißen von dem Lasso und zu entfliehen. „Auf!
auf!“ ruft der erfahrene Gabriel, „auf, ihr Freunde! Schnell die
Pferde gesattelt! Rettet euer Leben! Die Prärie steht in Flammen,
und die Büffel jagen gegen uns heran!“
Da waren keine Worte zu verlieren; alle sprangen auf, es galt
das Leben! Nur die schnellste Eile kann retten! In einer Minute sind
die Pferde gesattelt, in der zweiten jagen die Reiter schon über die
Prärie hin. Es bedarf nicht des Antreibens der Pferde; der Natur—
trieb lehrt diese Tiere die drohende Gefahr kennen, und von selbst tun
sie das Äußerste, sich durch die Flucht zu retten.
Eine Stunde lang jagen die Geängstigten mit unverminderter
Schnelligkeit fort; da fühlen sie plötzlich, daß die Erde hinter ihnen
zittert, und bald schlägt das entfernte Gebrüll und Geheul und todes⸗
ängstliche Geschrei zahlloser Tiere an das erschreckte Ophr. Immer