Full text: Zweites Lesebuch für die Oberstufe (Teil 6, [Schülerband])

B. Das Leben in Gemeinde und Staat. 
sichres Privateigentum, Grundbesitz, feste und gute Gesetze nötig. In den 
Ländern, wo er betrieben wird, finden wir die Menschen geistig am meisten 
entwickelt. — Der größte Teil der Asiaten lebt von Reis, der nicht in 
gegornem Zustande, wie unser Brot, genossen wird. Fast in allen Ländern, 
wo man ihn einheimisch findet, herrscht Sklaverei und Despotismus. Die 
Hauptgetreideart Afrikas ist die Hirse, die in dem glühheißen Boden gut 
gedeiht und nur geringe Sorgfalt fordert. Die Bewohner dieser Hirseländer 
stehen an Kultur und geordnetem Staatsleben wieder tiefer als die Reis— 
länder. — Amerika baut vorzugsweise Welschkorn (Mais), ein schweres 
Nahrungsmittel, das in jenem Erdteile gleichfalls nur geringe Wartung und 
Pflege erheischt und einen viermal so großen Ertrag giebt als der Weizen. 
Als die Europäer Amerika entdeckten, fanden sie nur ein paar Völker, die 
in der Gesittung und in den Künsten des Friedens so weit vorgeschritten 
waren, daß sie sich auf Ackerbau verstanden und denselben regelmäßig trieben; 
es waren die Mexikaner und Peruaner auf den Hochebenen der Cordilleren. 
Alle übrigen waren Fischer- oder Jägervölker; sie hatten es nicht einmal bis 
zum Hirtenwesen gebracht. Einen reichen Ersatz für das Getreide besitzt aber 
das heiße Amerika in der Wurzel des Maniok- oder Kassawe— 
strauches, deren Saft zwar süß, aber giftig ist. Man raspelt die Wurzel, 
preßt den giftigen Saft aus und gewinnt auf diese Weise Mehl, das ein 
gesundes Brot liefert. Für uns Europäer hat die Kartoffel, welche 
gleichfalls aus Amerika stammt, dieselbe Bedeutung gewonnen und muß 
namentlich den ärmeren Volksklassen die Mehlspeisen zum großen Teil er— 
setzen. Die Bewohner der australischen Inselwelt bedürfen keines Ge— 
treides, da die Brotfrucht ihnen völlig genügt. Auch besitzen sie an der 
Sagopalme einen guten Ersatz für Reis oder Mais; denn ihr Stamm 
enthält eine außerordentliche Menge schwammigen Markes, das ein eßbares 
Mehl und das sogenannte Sagobrot liefert. 
Überhaupt hat der gütige Schöpfer die tropischen Länder mit den 
Palmen, deren Königin die reiche Kokospalme ist, so reichlich gesegnet, daß 
sie von denselben zugleich Gemüse und Butter, Mehl und Obst, Kleidung 
und Gerätschaften ernten. Dagegen sind die Länder der gemäßigten 
Zone wieder reich mit Obst, als: Kirschen, Birnen, Äpfeln, Aprikosen, 
Pfirsichen, Pflaumen u. s. w., mit dem Olbaume, mit der eßbaren Kastanie 
und dem Nußbaume gesegnet; sie haben mancherlei Gemüse zur gesunden 
Abwechslung mit Fleischspeisen, und das Fleisch selber ist in den gemäßigten 
Klimaten am wohlschmeckendsten; am Äquator ist das Fleisch unsers Rindes 
zäh und lederartig. 
Auch im Trinken ist für den Südländer die Mäßigkeit eine Not— 
wendigkeit, um sich vor der verderblichen Wirkung des tropischen Klimas
	        
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