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und den Aufguß der Sonnenwärme oder der warmen Luft aussetl
Nach wenigen Tagen, im Sommer bisweilen schon nach wenigen Stunden
bemerkt man auf diesem Wasser ein dünnes Häutchen. Ein Tröpfchen
davon, so klein als möglich, unter ein gutes Vergrößerungsglas gebracht
zeigt dem Beobachter ein Meer, von verschiedenen Geschöpfen belebl
die sich willkürlich bewegen, sich ernähren und fortpflanzen. Ein Sonnen⸗
mikroskop eignet sich hierzu am besten. Man sieht daun, wie fröhlich
sie in ihrem Element umherschwärmen; bald taumeln sie, bald drehen
sie sich, schießen auf ihren Raub los, ruhen, verstecken sich vor den
Sonneustrahlen, bald bewegen sie sich nach der Oberfläche, bald nach
der Tiefe zu, oft schnell, bisweilen langsam. Vorkommenden Hinder⸗
nissen weichen sie aus und kennen den Unterschied zwischen Licht und
Fiusternis. Wenn das Wasser abnimmt und sie der Sonnenwärme
zu sehr ausgesetzt sind, werden sie matt, ihre Bewegung wird lang
famer, sie fangen an zu zittern, die Kräfte schwinden und es erfolgt
ein krampfhafter Tod. Zuweilen machen sie vor ihrem Ende noch einen
angestrengten Versuch, der anrückenden Todesgefahr zu entgehen, müssen
aber unterliegen, wenn man ihr Element nicht vermehrt und ihnen nich
bald einen Tropfen Wasser zukommen läßt. Nach ihrem Tode gehl
bei einigen die Verwesung und Auflösung so schnell vor sich, daß nat
wenigen Sekunden nicht das geringste mehr von ihnen zu sehen ist
Bei anderen dauert die Verwesung länger, tage-, ja wochenlang. An
Größe und Gestalt sind die Jufusionstiere ebenso mannigfaltig als de
Wasfertiere, die wir mit freien Augen sehen können. Sie sind nich
alle glatt, gallertartig und durchsichtig; es gibt auch verschiedenfarbige
indurchsichuge, fischartige, mit Haaren und Schwimmfedern versehen
u. s. w. Vier- bis fünfhundert verschiedene Arten hat man schon vor
hundert Jahren beobachtet. Wie entstehen so verschiedene Tiere in se
zahlloser Menge und in so kurzer Zeit in einem Glase Wasser, i
welches man ein Blumenblatt oder ein Fleischteilchen geworfen? Man
hat gesehen, daß einige aus einem Ei entstehen, andere lebendig geboren
werden; aber woher kommen die ersten Tierchen der Art in den
Wasser? Diese Frage zu beantworten, haben die Naturforscher manchen
lei Versuche gemacht. Der eine Naturforscher kochte die Pflanzenblatte
mehr als einmal, um die etwa darauf befiudlichen Eier oder Elter
zu töten, den letzten Pflanzenabguß verschloß er sorgfältig und bi
ihn stehen. Nach vierzehn Tagen untersuchte er ein Tröpfchen diese⸗
Aufgusfes mit dem Sonnenmikroskop und fand Millionen Tierchen darin
Ein anderer Naturforscher füllte in ein Glas getrocknete Kellerassen
in ein anderes spanische Fliegen, goß kochendes Wasser in beide Glse
verschloß sie dicht, setzte sie der Sonnenwärme aus, und nach elf Stun
fand er in beiden Aufgüssen unzählige durchsichtige Tierchen von it
vperschiedener Art, Länge und Breite. Ein dritter Naturforscher
gekochte Kartoffeln mit kochendem Wasser in ein Glas, verschloß
Aufguß und untersuchte ihn nach 24 Stunden; er fand nghl