Full text: [Teil 3, [Schülerband]] (Teil 3, [Schülerband])

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4. Das sah der schlimme Loki, und es gefiel ihm übel. 
Flugs nahm er die Gestalt eines alten Weibes an und ging 
nach Friggas Halle. Die Göttin sah die Frau Kommen und 
fragte sie, ob sie wũübte, was die Götter in ihrer Versammlung 
vornähmen. „die schieben und werfen nach Baldr,“ war die 
Antwort, „aber nichts schadet ihm.“ — „Preilich,“ sprach 
EFrigga, „Kann keine Waffeé Baldr schaden, denn ich habe 
von allen Eide genommen.“ Listig forschte die Altéâ: „Haben 
wirklich alle Dinge geschwoören, Baldrs Leib nicht zu 
verletzen?“ Prigga antwortete: „Ostlich von Walball wächst 
eine Staude, Mistelzweig genannt, die schien mir zu jung, sie 
in Eid zu nebmen.“ Darauf ging die alteé Prau fort. Drauben 
aber warf Loki die Verkleidung von sich, nabm den Mistelzweig 
und ging zur Versammlung der Götter zurück. Da stand 
zuäuberst im Kreise der Männer Höder; der war blind. Zu 
ihm trat Loki und sprach: „Warum schiebest du nicht nach 
Baldr?“ — „Veil ieh nieht sehe, wo Baldr steht,“ 
antwortete jener; „zum andern hab' ich auch keine Waffe.“ 
Da sprach Loki: Iebh will dieh dahin weisen, wo Baldr 
sssteht; so schiebe nach ihm mit diesem Reis!“ Höder nabm den 
Mistelzweig und schob, wie Loki es ihm wies. Der Schub 
flog und durebbobrte Baldr, der tot zur Erde fiel. 
5. Als Baldr gefallen war, standen die Götter alle wie 
sprachlos. Einer sah den andern an, aller Gedanken waren 
wider den gerichtet. der diess Dat vollbracht hatte, aber sie 
durften es nicht sogleich rächen, denn sie waren an beiliger 
Freistãtte. So Konnte Loki entfliehen. Als aber die Götter 
die Sprache wiedererlangt hatten, trauerten und klagten sie. 
Da fragte Frigga, wer von ihnen sich ihre Gunst und Huld 
gewinnen wollte. Dieser sollte den Helweg reiten, um zu 
sehen, ob ér da Baldr fände, und der Göttin Hel Lösegeld 
bieten, dab sie Baldr wieder heimfahren liebe. Hermoder, 
der schnelle Sohn Odins, erbot sieh zu dieser Fahrt. Sleipnit, 
Odins Hengst, ward vorgeführt, er bestieg ihn und stob davon. 
6. Nun nahmen die Götter Baldrs Leiche und brachten 
sie zur See. Auf des Voten Schiff ward der Holzstob zum 
Leichenbrand geschichtet und der Leib daraufgebettet. Als 
Baldis Gattin den geliebten Gemahl davontragen sah, brach 
ihr vor Jammer das Herz, und sie ward an die Seite Baldrs 
gelegt. Odin flüsterte dem geliebten Toten ein letztes 
Abschiedswort ins Ohr; dann ward der Holzstob entzündet. 
Bis zum Himmel schlug die Lohe, vährend die Wogen das 
Schiff entfühbrten. 
28.
	        
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