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Eelsblõoke. Darauf wurde er mit unlöslichen Banden gefesselt.
Uber seinem Haupte aber ward eine Schlange aufgebängt,
die ihm ihr Gift ins Antlitz träufelt. So liegt Loki und leidet
Pein; Sigyn aber, sein Weib, verläbt ihn nieht im Unglück,
sondern steht neben ihm und fängt in einer Schale die Gift-
tropfen auf. Nur wenn die Schale voll ist, mub sie den
gefesselten Gatten verlassen, um sie auszuleeren. Derweilen
tropft ihm das brennende, ätzende Gift ins Gesicht; dann
windet und sträubt er sich so heftig, dab die ganze Erde
schüttert. Das nennen die Menschen Erdbeben.
200. Walter und Hildegunde.
Joseph Buschmann.*
Deutsche Sagen und Geschichten aus dem Nittelalter. 8. Auflage.
Paderborn und Münster. 1887. 8. 80.
J. Hagen, Walter und Hildegunde an König Etzels Hof.
Einst kam der gewaltige Hunnenkönig Etzel mit einem zahllosen
Heere von der Donau her nach Westen gezogen und zerstreute die
Völker, welche ihm Widerstand zu leisten wagten, wie eitel Spreu.
In seiner Angst sandte ihm der Frankenkönig Gibich, welcher zu
Worms am Rheine wohnte, eine große Menge Goldes und Silbers
entgegen und versprach ihm einen jährlichen Tribut, wenn er seines
Landes schonen wollte. Zur Bekräftigung seines Versprechens
schickte er den jungen Hagen von Tronje, einen Verwandten des
Königshauses, als Geisel in Etzels Lager. Mit diesem Erfolge
zufrieden, wandte sich Etzel südwärts an die Rhone gegen das
Land der Burgunden, deren König Herrich gleichfalls nur durch
schwere Opfer den Frieden erkaufen konnte; sein einziges Töchterchen
Hildegunde mußte er als Geisel dem fürchterlichen Feinde überliefern.
Als nun der König von Aquitanien von dem übermächtigen
Kriegsvolke vernahm, da glaubte er, dem Beispiel der Frankeg
und Burgunden folgen zu sollen, und er sandte dem Könige seinen
Sohn Walter als Zeichen der Unterwerfung und als Pfand der
Treue. Mit Ruhm und Beute reich beladen, kehrte Etzel nunmehr
nach dem Donaulande zurück auf seine hölzerne Hofburg in der
Gegend, wo jetzt Pest und Ofen liegen. Die Königskinder fanden
am Hofe der Hunnen freundliche Aufnahme und erhielten eine
sorgliche Erziehung. Die beiden Knaben wuchsen zu Jünglingen
heran und waren gleich ausgezeichnet durch alle edlen Eigenschaften
des Geistes wie des Körpers; Hildegunde ward zur Jungfrau, die
sich vor allen hervortat durch kunstfertigen Fleiß und edle
Sittsamkeit.
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